die zehn aktuellsten Urteile, die zum „Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte“ veröffentlicht wurden
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 09.04.2024
- 53600/20 -
Klimaschutz ist Menschenrecht: Schweizer Klimapolitik verletzt Verpflichtungen zum Klimaschutz
KlimaSeniorinnen vor dem EGMR erfolgreich
Klimaschutz ist ein Menschenrecht und kann vor Gericht eingeklagt werden. Das geht aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hervor. Das Gericht verurteilte die Schweiz wegen Verletzung der Menschenrechte im Umweltbereich.
Bei den Antragstellern handelt es sich den Verein KlimaSeniorinnen Schweiz sowie vier ältere Frauen. Der Verein umfasst mehr als 2.000 ältere Frauen (von denen ein Drittel über 75 Jahre alt ist), darunter auch die vier Frauen, die alle Vereinsmitglieder und über 80 Jahre alt sind. Sie klagen über gesundheitliche Probleme. Hitzewellen verschlimmerten sich und beeinträchtigten ihr Leben, ihre Lebensbedingungen und ihr Wohlbefinden erheblich. Die älteste der vier Frauen, Jahrgang 1931, verstarb während des gerichtlichen Verfahrens. Am 25. November 2016 reichte die Gruppe einen Antrag beim Bundesrat und anderen Schweizer Umwelt- und Energiebehörden ein.... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 23.10.2014
- 54648/09 -
EGMR: Erhebliche Strafmilderung bei einer Tatprovokation durch verdeckte Ermittler stellt keine angemessene Wiedergutmachung dar
Tatprovokation verletzt Recht auf faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK
Wird ein Straftäter durch verdeckte Ermittler zur Begehung der Tat provoziert, liegt ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vor. Zur Wiedergutmachung genügt es nicht, dass das Strafgericht die Tatprovokation erheblich strafmildernd berücksichtigt. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall wurde ein Mann im Oktober 2008 vom Landgericht Aachen wegen Rauschgifthandelns in zwei Fällen zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der Mann half dabei Kokain und Amphetamine nach Deutschland zu schaffen. Bei der Verurteilung wurde in erheblicher Weise strafmildernd berücksichtigt, dass der Mann durch zwei verdeckte Ermittler der Polizei zur Tat verleitet... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 05.06.2015
- 46043/14 -
EGMR zur Sterbehilfe des Komapatienten Vincent Lambert in Frankreich: Passive Sterbehilfe ist rechtmäßig
Verfahren Lambert u.a. gegen Frankreich
Die künstliche Ernährung eines seit 2008 nach einem Unfall im Koma liegenden Franzosen darf abgebrochen werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden.
Im Fall geht es um den derzeit 38-jährigen Vincent Lambert (geb. 20.09.1976). Lambert erlitt bei einem Verkehrsunfall am 29.09.2008 schwere Kopfverletzungen und liegt seitdem im Wachkoma. Er wird künstlich ernährt. Der behandelnde Arzt hat vorgeschlagen, die künstliche Ernährung gemäß dem französischen Gesetz "loi Leonetti" einzustellen.Lamberts Familie ist hinsichtlich... Lesen Sie mehr
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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 28.10.2014
- 49327/11 -
Recht auf Nacktsein: Recht zur freien Meinungsäußerung sowie Recht zur Achtung des Privatlebens gewährt keinen Anspruch auf Nacktheit in der Öffentlichkeit
Ausübung der Rechte nur im Einklang mit bestehenden Gesetzen
Ein Anspruch auf Nacktheit in der Öffentlichkeit kann nicht aus dem Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK) und dem Recht zur Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK) hergeleitet werden. Es ist zu beachten, dass die Rechte nur im Einklang mit den bestehenden Gesetzen ausgeübt werden dürfen. Dies geht aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Schotte wurde im Zeitraum von 2003 bis 2012 über 30-mal wegen Nacktheit in der Öffentlichkeit verurteilt. Er vertrat die Ansicht, dass der Mensch sich seines Körpers bewusst werden müsse. Er unternahm daher immer wieder Nacktwanderungen. Auch trat er einmal nackt vor Gericht auf. Mit der Zeit wurden die verhängten Strafen gegen den sogenannten... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 04.11.2014
- 29217/12 -
EGMR zum Dubliner Übereinkommen: Abschiebung von Flüchtlingen nach Italien nur bei Gewährleistung einer dem Kindesalter angemessenen Unterbringung sowie der gemeinsamen Familienunterbringung zulässig
Rückführung ohne Gewährleistung von individuellen Garantien verstößt gegen Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention
Eine Familie darf nur dann entsprechend des Dubliner Übereinkommens nach Italien abgeschoben werden, wenn gewährleistet wird, dass die Kinder ihrem Alter angemessen untergebracht werden und die Familie gemeinsam untergebracht wird. Ohne eine solche Gewährleistung liegt ein Verstoß gegen das Verbot von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK) vor. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine afghanisches Ehepaar reiste mit ihren sechs minderjährigen Kinder im Juli 2011 über Italien in die Europäische Union ein. Nachdem sie versuchten in Österreich Asyl zu erhalten und die Behörden dies ablehnten, versuchten sie ihr Glück in der Schweiz. Die schweizer Behörden lehnte aber ebenfalls eine Entscheidung über den Asylantrag ab.... Lesen Sie mehr
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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 08.11.2012
- 30804/07 -
EGMR: Zurückweisung einer Berufung im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Ausbleiben des Angeklagten verstößt gegen die Menschenrechtskonvention bei Anwesenheit eines zur Vertretung bereiten Verteidigers
Nichtentscheidung über Berufung stellt unzulässige Entziehung des Rechts auf Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 c) EMRK) dar
Wird eine Berufung im Rahmen eines Strafverfahrens deswegen zurückgewiesen, weil der Angeklagte unentschuldigt fernblieb, so liegt darin ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), wenn ein zur Vertretung bereiter Verteidiger anwesend ist. Durch die Nichtentscheidung über die Berufung wird dem Angeklagten in unzulässiger Weise das Recht auf Verteidigung nach Art. 6 Abs. 3 c) EMRK entzogen. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2003 wurde ein Angeklagter wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15 EUR verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Berufung ein. Zur Berufungsverhandlung erschien er jedoch nicht. Er ließ sich stattdessen von seinem Anwalt vertreten. Das Berufungsgericht verwarf angesichts des nicht... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 07.11.2013
- 26291/06 -
EGMR: Keine rechtswidrige Freiheitsentziehung bei mehrstündiger Ingewahrsamnahme eines Flugpassagiers aus Sicherheitsgründen
Keine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 EMRK
Wird ein Flugpassagier bis zur vier Stunden am Flughafen aus berechtigten Sicherheitsgründen festgehalten, so stellt dies keine rechtswidrige Verletzung des Freiheitsrechts aus Art. 5 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2006 wurde ein Flugpassagier mit aserbaidschanischer Staatsbürgerschaft am Flughafen Baku festgehalten, da während der Sicherheitskontrolle das System Alarm schlug. Hintergrund dessen war, dass der Flugpassagier 2001 wegen mehrerer Straftaten zu einer 10 jährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Der aserbaidschanische Präsident hatte... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 10.10.2013
- 64569/09 -
EGMR: Internet-Nachrichtenportal haftet für beleidigende Äußerungen durch Leserkommentare
Kein rechtwidriger Eingriff in Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK)
Haftet ein Internet-Nachrichtenportal für beleidigende Äußerungen seiner Leser in der Kommentarfunktion eines Artikels und muss Schadenersatz leisten, so liegt darin nicht zwangsläufig ein rechtswidriger Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein estnisches Online-Nachrichtenprotal veröffentlichte im Januar 2006 einen Artikel über ein Fährunternehmen. Der Artikel beschäftigte sich damit, dass das Unternehmen plante einige Fährrouten zu einigen Inseln zu ändern. Demgegenüber habe jedoch die kostengünstigere Variante von sogenannten Eisstraßen gestanden. Der Artikel wurde in der... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 03.10.2013
- 552/10 -
EGMR: Kündigung eines HIV-Infizierten Arbeitnehmers verstößt gegen Art. 8 und 14 EMRK
Gekündigter Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung
Wird ein Arbeitnehmer gekündigt, weil er sich mit dem HI-Virus infiziert hat, verstößt dies gegen Art. 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der gekündigte Arbeitnehmer hat in einem solchen Fall Anspruch auf eine Entschädigung. Dies geht aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hervor.
Im zugrunde liegenden Fall wurde in Griechenland ein HIV infizierter Arbeitnehmer gekündigt. Der Kündigung vorangegangen waren Proteste von Teilen der Belegschaft des Unternehmens. Einige Mitarbeiter fürchteten sich zu infizieren und verlangten daher von dem Arbeitgeber den infizierten Arbeitnehmer zu kündigen. Nachdem dieser zunächst versuchte erfolglos die besorgten Beschäftigten... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 30.04.2013
- 49872/11 -
Untersuchungshaft gegen frühere ukrainische Premierministerin Timoschenko wurde willkürlich angeordnet
Europäische Gerichtshof für Menschenrecht rügt unter anderem Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht hat entschieden, dass die Anordnung der Untersuchungshaft gegen die frühere ukrainische Premierministerin willkürlich war, dass die Rechtmäßigkeit der Haft nicht angemessen geprüft wurde und dass sie keine Möglichkeit hatte, für ihre unrechtmäßige Freiheitsentziehung Schadensersatz zu beantragen. Damit rügte der Gerichtshof Verletzungen gegen Artikel 5 § 1 (Recht auf Freiheit und Sicherheit); Artikel 5 § 4 (Anspruch auf zügige Prüfung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung); Artikel 5 § 5 (Anspruch auf Schadensersatz für unrechtmäßige Freiheitsentziehung); Artikel 18 (Begrenzung der Rechtseinschränkungen) in Verbindung mit Artikel 5. Der Gerichtshof stellte weiterhin fest, dass eine Verletzung von Artikel 3 (Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe) aufgrund der vermeintlichen Misshandlung Frau Timoschenkos während ihrer Verlegung in eine Klinik am 20. April 2012 nicht vorlag.
Julia Timoschenko, 1960 geboren, ist Vorsitzende der Partei Allukrainische Vereinigung (Batkivshchyna), einer der stärksten Oppositionsparteien in der Ukraine, sowie des Parteienbündnisses Block Julia Timoschenko. Im Jahr 2005 sowie von Dezember 2007 bis März 2010 war sie Premierministerin der Ukraine. Im April 2011 wurde gegen sie ein Strafverfahren wegen angeblichen Amtsmissbrauchs... Lesen Sie mehr