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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.06.2018
I ZB 58/17 -

BGH: Besorgnis der Befangenheit bei Beschäftigung der Ehefrau des Richters bei Rechtsanwalt des Prozessgegners

Begründete Befürchtung der Einflussnahme auf Richter

Ist die Ehefrau des Richters eines Prozesses beim Rechtsanwalt des Prozessgegners beschäftigt und duzen sich der Richter und der Anwalt, so besteht die begründete Befürchtung der Einflussnahme auf den Richter. Er kann deshalb wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2017 musste das Kammergericht Berlin im Rahmen einer Beschwerde über ein Zwangsvollstreckungsverfahren entscheiden. Der vorsitzende Richter wurde dabei von der Schuldnerin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Hintergrund dessen war, dass die Ehefrau des Vorsitzenden beim Rechtsanwalt der Gegenseite beschäftigt war. Zudem duzten sich der Richter und der Anwalt. Eine persönliche oder freundschaftliche Beziehung gab es aber nicht. Beide haben sich nur einmal im Jahr auf der Weihnachtsfeier der Anwaltskanzlei getroffen.

Kammergericht lehnt Ablehnungsantrag ab

Das Kammergericht Berlin lehnte den Ablehnungsantrag ab. Es begründete dies damit, dass die Gefahr einer fachlichen Einflussnahme auf den Vorsitzenden nicht bestehe. So sei die Ehefrau nur als Sekretärin in der Kanzlei beschäftigt, so dass ein fachlicher Austausch nicht in Betracht komme. Unerheblich sei zudem, dass sich der Vorsitzende und der Anwalt duzen. Darin liege kein Ausdruck einer besonderen Verbundenheit. Eine Besorgnis der Befangenheit bestehe daher nicht. Gegen diese Entscheidung legte die Schuldnerin Rechtsbeschwerde ein.

Bundesgerichtshof bejaht Möglichkeit der Einflussnahme auf Richter

Der Bundesgerichtshof entschied, dass mit der vom Kammergericht gewählten Begründung die Besorgnis der Befangenheit nicht verneint werden könne. Eine unzulässige Einflussnahme könne nicht nur darin bestehen, dass der Anwalt einer Partei vermittelt über den in seiner Kanzlei tätigen Ehegatten einem Richter rechtliche Gesichtspunkte näherbringt, die eine Entscheidung im Sinne der von ihm vertretenen Partei nahelegen. Vielmehr könne die Unvoreingenommenheit und Objektivität eines Richters auch dann maßgeblich beeinträchtigt sein, wenn zu befürchten ist, dass der Anwalt über einen bei ihm beschäftigten Ehepartner auf den Richter dadurch Einfluss ausübt, dem Richter die Bedeutung eines Prozessgewinns für das Ansehen oder den wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei nahezubringen. Eine solche, nicht auf fachlicher Ebene liegende Einflussnahme könne auch durch eine langjährige als Sekretären beim Anwalt beschäftige Ehefrau des Richters erfolgen.

Duzen begründet ebenfalls Besorgnis einer Einflussnahme

Zwar sei es zutreffend, so der Bundesgerichtshof, dass allein der Umstand des Duzens keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt. Jedoch sei die persönliche Bekanntheit von Richter und Anwalt ein Aspekt, der zumindest verstärkt darauf hindeuten kann, dass eine über die Ehefrau vermittelte unzulässige Einflussnahme des Rechtsanwalts auf den Richter zu besorgen sei.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2020
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Kammergericht Berlin, Beschluss vom 18.07.2017
    [Aktenzeichen: 5 W 81/17]
Aktuelle Urteile aus dem Prozessrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl)
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 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2018, Seite: 1522
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 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2019, Seite: 83
MDR 2019, 83
 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2019, Seite: 516
NJW 2019, 516

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Kommentare (1)

 
 
Ferdinand Kirchhof schrieb am 16.02.2020

Hohoho. Was für Amateure. Wir am Bundesrechtfertigungsgericht mit Gehältern auf Kundesbanzlernivau machen bei dem Thema ganz einfach kurzen Prozess:

 

"Allein Verwandtschaft begründet keine Besorgnis der Befangenheit." (1 BvR 745/17)

 

Befangenheit? Das gibt es nur am Telefon wenn man mal wieder ein Minister ein Gefälligkeitsurteil genötigt und ich Tolpatsch mich mal wieder in der Schnur verheddere. Hohoho.

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