Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24.01.2012
- 1 BvL 21/11 -
Hamburger Verbot zur Einrichtung abgetrennter Raucherräume in Speiselokalen verfassungswidrig
§ 2 Abs. 4 HmbPSchG mit grundgesetzlich garantierter Berufsausübungsfreiheit unvereinbar
Der im Hamburgischen Passivraucherschutzgesetz vorgesehene Ausschluss der Speisegaststätten von der Erlaubnis zur Einrichtung abgetrennter Raucherräume ist verfassungswidrig. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht.
Nach dem Hamburgischen Passivraucherschutzgesetz (HmbPSchG) ist das Rauchen in Gaststätten grundsätzlich verboten. Vom
Vorschrift untersagt Einrichtung von abgetrennten Raucherräumen in Speisegaststätten
Des Weiteren erlaubt die im Vorlageverfahren maßgebliche Vorschrift des § 2 Abs. 4 HmbPSchG für alle übrigen (reinen) Schankgaststätten, nicht aber für Speisegaststätten die Einrichtung von abgetrennten Raucherräumen. Eine vergleichbare Regelung zur Zulassung von Raucherräumen in Gaststätten findet sich auch in anderen Ländern nicht. Entweder gilt dort ein striktes
Verwaltungsgericht hält Verbot von abgetrennten Raucherräumen in Speisegaststätten für verfassungswidrig
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens betreibt eine an einer Autobahn gelegene
BVerfG bejaht Einrichtung abgeschlossener Raucherräume in Speisewirtschaften
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass § 2 Abs. 4 HmbPSchG mit der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsausübungsfreiheit in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar ist, als die Regelung Betreibende von Speisewirtschaften anders als Betreibende von Schankwirtschaften von der Möglichkeit ausschließt, in abgeschlossenen Nebenräumen ihrer Gaststätten das Rauchen zu gestatten. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung gilt die Vorschrift mit der Maßgabe fort, dass auch für Speisewirtschaften abgeschlossene Raucherräume eingerichtet werden dürfen.
Rauchverbot in Gaststätten greift in Berufsausübungsfreiheit der Betreiber ein
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Wie das Gericht im Grundsatz schon in seinem Urteil vom 30. Juli 2008 entschieden hat, greift das
Als Differenzierungsgrund reicht nicht allein die Tatsache aus, dass die unterschiedliche Regelung für Schank- und Speisewirtschaften das Ergebnis eines politischen Kompromisses der damaligen Regierungsfraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft war.
Schutz der Gesundheit des Gaststättenpersonals keine ausreichende Begründung für Verbot
Die unterschiedliche Behandlung lässt sich ferner nicht durch Gründe des Gesundheitsschutzes rechtfertigen. Im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit des Gaststättenpersonals fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen diesem Regelungsziel und der vom Gesetzgeber gewählten Differenzierung zwischen Speise- und Schankgaststätten. Denn nicht nur in Speise-, sondern auch in Schankwirtschaften sind Angestellte beschäftigt, die die Gäste in dort zulässigen Raucherräumen bedienen und hierbei den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt werden.
Gefährdung durch Passivrauchen auch in Speisewirtschaften durch wirksam abgetrennte Raucherräume vermeidbar
Mit dem Schutz der Gesundheit der nichtrauchenden Gäste kann die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht gerechtfertigt werden. Es wurden keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgebracht, nach denen die Verbindung von Essen und Passivrauchen zu einer besonderen Schadstoffbelastung der nichtrauchenden Gäste führt. Aber selbst wenn man dies unterstellte, ergäbe sich daraus keine Rechtfertigung, den Betreibenden von Speisewirtschaften die für andere Gaststätten bestehende Möglichkeit vorzuenthalten, Raucherräume einzurichten. Die Gäste können sich zum Essen in Nichtraucherbereichen aufhalten, von denen nach den gesetzlichen Vorgaben die Raucherräume so wirksam abzutrennen sind, dass eine Gefährdung durch Passivrauchen ausgeschlossen wird.
Die Erwägung, dass durch den Ausschluss von Raucherräumen in Speisegaststätten eine größere Anzahl von Menschen den Gefahren des Passivrauchens entzogen wird, könnte ebenfalls keinen sachlich vertretbaren Differenzierungsgrund liefern. Denn das Regelungsziel, die Anzahl der Gelegenheiten zum Rauchen zu reduzieren, stünde in keinem inneren Zusammenhang mit der Unterscheidung von Speise- und Schankwirtschaften.
Wirtschaftliche Belastung der Betreiber durch Rauchverbot bei Schankwirtschaften nicht erheblich stärker als bei Speisewirtschaften
Die Ungleichbehandlung von Speise- und Schankgaststätten ließe sich auch nicht mit einer etwaigen unterschiedlichen wirtschaftlichen Betroffenheit durch ein
Die Annahme einer generell wirtschaftlich stärkeren Belastung der Schankwirtschaften im Vergleich zu den Speisewirtschaften als Differenzierungsgrund kann auch nicht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2008 gestützt werden, mit dem es Regelungen über Rauchverbote in Gaststätten für unvereinbar mit der Berufsausübungsfreiheit erklärt hatte, weil sie die getränkegeprägte Kleingastronomie unverhältnismäßig belasteten. Maßgebend für die Unterscheidung war ausdrücklich nicht die Ausrichtung solcher Eckkneipen bzw. Einraumgaststätten als Schankwirtschaften, sondern dieser spezielle Gaststättentypus, der in besonderer Weise durch rauchende Stammgäste geprägt ist und für den daher bei einem
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.02.2012
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
- VG Neustadt: Rauchverbot im Thekenraum einer Zwei-Raum-Gaststätte rechtmäßig
(Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 14.07.2011
[Aktenzeichen: 4 K 222/11.NW]) - Bundesverfassungsgericht kippt Rauchverbot für kleine Kneipen
(Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 30.07.2008
[Aktenzeichen: 1 BvR 3262/07; 1 BvR 402/08; 1 BvR 906/08]) - BVerfG: Rauchverbot in Shisha-Bars nicht verfassungswidrig
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 02.08.2010
[Aktenzeichen: 1 BvQ 23/10])
Jahrgang: 2013, Seite: 184 JuS 2013, 184 | Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport (NVwZ-RR)
Jahrgang: 2012, Seite: 257 NVwZ-RR 2012, 257
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 13067
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss13067
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.