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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.06.2016
- 1 BvR 2732/15 -
Falsche Einordnung einer Äußerung als Tatsache verkürzt grundrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit
Gesamtzusammenhang entscheidend für Einstufung der Äußerung als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung
Wird eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung eingestuft, liegt darin eine Verkürzung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung, da die Vermutung zugunsten der freien Rede für Tatsachenbehauptungen nicht in gleicher Weise gilt wie für Meinungsäußerungen im engeren Sinne. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor. Das Gericht gab damit einer Verfassungsbeschwerde gegen die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen übler Nachrede statt und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück.
Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Verfahrens wurde mehrfach vom selben Polizeibeamten kontrolliert. An einem Abend im November 2013 bemerkte er diesen Polizeibeamten in einem Polizeifahrzeug vor seinem Haus, als er in der Einfahrt gegenüber wendete und dabei das vom Beschwerdeführer bewohnte Gebäude anleuchtete. Nachdem er dasselbe Fahrzeug im späteren Verlauf des Abends nochmals gesehen hatte, veröffentlichte er hierzu einen Eintrag auf seiner Facebook-Seite. Er warf dem namentlich genannten Polizeibeamten vor, dass er nichts Besseres zu tun habe als in irgendwelchen Einfahrten mit Auf- und Abblendlicht zu stehen und in die gegenüberliegenden Häuser zu leuchten und bezeichnete ihn als "Spanner". Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer wegen übler Nachrede (§ 186 StGB) zu einer Geldstrafe. Die Sprungrevision zum Oberlandesgericht blieb erfolglos. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG).
BVerfG bejaht Verletzung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf
Isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils wird Anforderungen an zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht
Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Meinungsäußerung oder als
Falsche Einordnung der Äußerung als Tatsache führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen
Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Die Gerichte gehen zu Unrecht vom Vorliegen einer
Bezeichnung des Polizeibeamten als "Spanner" dennoch nicht zwingend von Meinungsfreiheit gedeckt
Damit ist nicht entschieden, dass die Bezeichnung des Polizeibeamten als "Spanner" im Ergebnis von der
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.08.2016
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
- Meinungsfreiheit schützt auch emotionalisierte Äußerungen
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.03.2016
[Aktenzeichen: 1 BvR 2844/13]) - Bei Einstufung kritischer Äußerungen als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.06.2016
[Aktenzeichen: 1 BvR 2646/15])
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Dokument-Nr. 22986
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