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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 15.08.2014
- 2 BvR 969/14 -
Verdacht des Besitzes kinderpornografischer Schriften: Verfassungsbeschwerde und Eilrechtsschutzantrag des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy gegen Ermittlungserfahren erfolglos
Erhobene Rügen haben keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und sind teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy gegen Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts Hannover aufgrund der Durchsuchung seiner Wohnungen wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischen Materials nicht zur Entscheidung angenommen. Die mit der Verfassungsbeschwerde erhobenen Rügen haben keine hinreichende Aussicht auf Erfolg; sie sind teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die mit der
Gewährleistung der parlamentarischen Immunität dient in erster Linie Funktionsfähigkeit des Parlaments
Das Bundesverfassungsgericht erklärte die
Durchsuchungsbeschluss kam unter Verletzung des Grundrechts auf Immunität als Abgeordneter zustande
Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts vom 10. Februar 2014 und der diesen bestätigende Beschluss des Landgerichts sind unter Verletzung des Art. 46 Abs. 2 GG zustande gekommen. Nach dem Bundeswahlgesetz verliert ein
Fachgerichte hätte Verfahrenshindernis der Immunität mit besonderer Sorgfalt prüfen müssen
Die Fachgerichte wären verpflichtet gewesen, vor Erlass einer Durchsuchungsanordnung gegen einen Beschuldigten, der jedenfalls unmittelbar zuvor noch
Beschwerdeführer hätte alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Geltendmachung der Grundrechtsverletzung ergreifen müssen
Der Zulässigkeit der
Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung unbegründet
Die
Anfangsverdacht für begangene Straftat muss auf konkreten Tatsachen beruhen
Zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Zwecke der Strafverfolgung ist der Verdacht erforderlich, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Anfangsverdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht finden lassen. In der Rechtsprechung ist andererseits auch geklärt, dass ein Anfangsverdacht für die Begehung einer Straftat durch ein an sich legales Verhalten begründet werden kann, wenn weitere Anhaltspunkte hinzutreten.
Landgericht stützt Anfangsverdacht zurecht auf das dem Beschwerdeführer unstreitig zuzuordnendem kinderpornografischen Material
Nach seinen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen hat das Landgericht den Anfangsverdacht darauf gestützt, dass es das dem Beschwerdeführer unstreitig zuzuordnende Material entweder bereits für strafrechtlich relevant gehalten oder es jedenfalls in einen von tatsächlichen Wertungen abhängigen Grenzbereich zwischen strafrechtlich relevantem und irrelevantem Material eingeordnet hat. Damit ist es gerade nicht - wie der Beschwerdeführer meint -, davon ausgegangen, er habe sich ausschließlich legal verhalten und es lägen aussagekräftige Gesichtspunkte für einen hinreichenden Anfangsverdacht nicht vor. Vielmehr hat das Landgericht das dem Beschwerdeführer zugeordnete Material als Darstellung „vermeintlicher“ - also nicht tatsächlich vorliegender - Alltagssituationen mit selbstzweckhaften Fokussierungen auf Geschlechtsteile ohne einen erkennbaren Handlungskontext beschrieben und den sexualisierten Charakter der Darstellungen betont. Es ist dabei zu dem Schluss gelangt, dass zu erwarten sei, der Beschwerdeführer werde sich „auch“ aus anderen Quellen kinderpornografisches Material verschaffen. Damit hat es die ausgewerteten Darstellungen als strafrechtlich relevant oder zumindest als Material eingestuft, dessen strafrechtliche Relevanz allein von schwierigen tatsächlichen Wertungen - Alter der Kinder, Einschätzung der dargestellten Handlungsabläufe und Posen als noch natürliche oder als für Kinder schon unnatürliche - abhängt. Ohne die Reichweite des durch Art. 13 GG gewährleisteten Schutzes zu verkennen, ist das Gericht zudem von dem kriminalistischen Erfahrungssatz ausgegangen, dass die Grenze zur strafbaren
BVerfG verneint Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung des Fernmeldegeheimnisses
Als unbegründet erweist sich auch die Rüge, der Beschwerdeführer werde durch die Beschlagnahme seiner E-Mails und der Verkehrsdaten seiner Internetkommunikation in seinem Grundrecht auf Gewährleistung des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 GG) verletzt. Die Feststellung des Landgerichts, dass weniger eingriffsintensive Maßnahmen zur Sicherung beweiserheblicher E-Mails - etwa eine Beschränkung der Beschlagnahme auf einen Teil des Datenbestands - nicht in Betracht gekommen seien, da eine Eingrenzung anhand von Sender- oder Empfängerangaben oder Suchbegriffen nicht ausreichend geeignet erschien, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist bereits nicht ersichtlich und auch von dem Beschwerdeführer nicht vorgetragen, anhand welcher Kriterien eine Eingrenzung der Sicherstellung hätte erfolgen können.
Gehörsverstoß wurde durch Entscheidung über Anhörungsrüge geheilt
Eine Annahme der
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.08.2014
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
- Kinderpornos auf Festplatte: Belassen von eventuellen kinderpornografischen Bilddateien auf Computer ist strafbar
(Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 29.11.2010
[Aktenzeichen: 1 Ss 166/10]) - Erkennungsdienstliche Behandlung nach Bestrafung wegen Internet-Kinderpornografie rechtmäßig
(Verwaltungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.05.2008
[Aktenzeichen: 1 S 1503/07])
Jahrgang: 2014, Seite: 3085 NJW 2014, 3085 | Zeitschrift: NJW-Spezial
Jahrgang: 2014, Seite: 600, Entscheidungsbesprechung von Klaus Leipold und Stephan Beukelmann NJW-Spezial 2014, 600 (Klaus Leipold und Stephan Beukelmann)
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Dokument-Nr. 18754
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