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Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27.03.2018
L 8 SO 123/17 B ER -

Sozialhilfeträger muss Kosten eines Gebärden­sprach­dolmetschers für Besuch einer Schule für Hörgeschädigte übernehmen

Leistungen der Hilfe zur angemessenen Schulbildung auch an Förderschulen denkbar

Das Sächsische Landes­sozial­gericht hat entschieden, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Kosten für einen Gebärden­sprach­dolmetscher verpflichtet ist, da die betreffende Schule entgegen der im Freistaat Sachsen geltenden schulrechtlichen Verpflichtungen nicht in der Lage ist, eine behindertengerechte Beschulung zu gewährleisten.

Die 2001 geborene Antragstellerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist nahezu gehörlos und besucht derzeit die zehnte Klasse einer Schule für Hörgeschädigte in Chemnitz. Der Unterricht wird überwiegend in Lautsprache und nicht auch in Gebärdensprache gehalten, da die Lehrerinnen und Lehrer nur über Grundkenntnisse in Gebärdensprache verfügen. Da die Antragstellerin dem Unterricht deshalb nur sehr eingeschränkt folgen kann, beantragte sie beim Landkreis Zwickau als zuständigem Sozialhilfeträger, die Übernahme der Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers für den Schulbesuch. Der Landkreis lehnte den Antrag ab. Nach seiner Auffassung beinhalte die Wissensvermittlung an einer Schule für Hörgeschädigte auch, dass die dortigen Lehrerkräfte über ausreichende Fähigkeiten und Kenntnisse in Gebärdensprache verfügten.

Bei mangelnder Unterstützung durch Schulträger ist Sozialhilfeträger zur Erbringung erforderlicher Leistungen für angemessene Schulbildung verpflichtet

Das Sächsische Landessozialgericht gab im Rahmen des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes in zweiter Instanz der Antragstellerin vorläufig Recht. Das Gericht stellt unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts klar, dass nur die Vorgabe und Vermittlung der Lerninhalte, der Unterricht selbst, das pädagogische Konzept der Wissensvermittlung und die Bewertung der Schülerleistungen den Lehrkräften vorbehalten und als sogenannter Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers entzogen ist. Kommt der Schulträger - wie im Fall der Antragstellerin - seinen im Freistaat Sachsen darüber hinaus geltenden schulrechtlichen Pflichten zur behinderungsgerechten Beschulung behinderter Kinder an Förderschulen nicht nach, ist der Sozialhilfeträger verpflichtet, die erforderlichen Leistungen als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung zu erbringen. Dem Sozialhilfeträger bleibt in diesem Fall nur die Möglichkeit, gegen den eigentlich vorrangig verpflichteten Schulträger Erstattungsansprüche geltend zu machen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.04.2018
Quelle: Sächsisches Landessozialgericht/ra-online

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