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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 15.01.2008
- 2 BvL 12/01 -
Bundesverfassungsgericht setzt verfassungsrechtliche Grenzen für Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich anhand des Art. 3 Nr. 4 Buchstabe a des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 29. Oktober 1997 mit der Frage der verfassungsrechtlichen Grenzen für Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses zu befassen. Die beanstandete Norm war auf Empfehlung des Vermittlungsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden, ohne dass diese oder auch nur eine thematisch verwandte Regelung Gegenstand des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens gewesen wäre. Der Senat kam zu dem Ergebnis, dass der Vermittlungsausschuss damit seine verfassungsrechtlichen Kompetenzgrenzen überschritten hat.
Der Vermittlungsausschuss hat die Aufgabe, im Falle unterschiedlicher Auffassungen zwischen Bundestag und Bundesrat im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens einen Einigungsvorschlag zu erarbeiten, über den der Bundestag sodann erneut zu beschließen hat. Zur Wahrung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Rechte der Abgeordneten, der Öffentlichkeit der parlamentarischen Debatte und damit der demokratischen Kontrolle der Gesetzgebung darf der Vermittlungsausschuss lediglich solche Änderungen, Ergänzungen oder Streichungen des Gesetzesbeschlusses vorschlagen, die sich im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des Gesetzgebungsverfahrens bewegen. Er ist deshalb durch diejenigen Regelungsgegenstände begrenzt, die bis zur letzten Lesung im Bundestag in das jeweilige Gesetzgebungsverfahren eingeführt waren.
An diesen Maßstäben gemessen hat der Vermittlungsausschluss mit der Aufnahme des Art. 3 Nr. 4 Buchstabe a des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform in den Einigungsvorschlag seine Kompetenzen überschritten. Er hat die Vorschrift in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt, ohne dass diese oder auch nur eine thematisch verwandte Regelung Gegenstand des vorherigen Verfahrens gewesen wäre. Die Entscheidung über die getroffene umwandlungssteuerliche Regelung fiel erst im Vermittlungsausschuss. Damit hat der Vermittlungsausschuss der Sache nach ein Gesetzesinitiativrecht beansprucht, das ausschließlich dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung zusteht.
Die Norm ist trotz des festgestellten Verfassungsverstoßes weiter gültig, weil es an der nötigen Evidenz des Verfahrensverstoßes fehlt. Entscheidend ist, dass das Bundesverfassungsgericht die Maßstäbe, an denen gemessen das eingeschlagene Gesetzgebungsverfahren als verfassungswidrig anzusehen ist, erst in seinem Urteil vom 7. Dezember 1999 und damit nach Abschluss des hier in Rede stehenden Gesetzgebungsverfahrens konkretisiert hat. Auf diese Maßstäbe konnte sich der Gesetzgeber im Jahr 1997 noch nicht einstellen.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.03.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 26/08 des BVerfG vom 06.03.2008
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Dokument-Nr. 5710
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