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Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 29.07.2016
8 U 1049/15 -

Anspruch auf Rückzahlung einer geleisteten Nichtabnahme­entschädigung

Widerruf von zwei Verbraucher­darlehens­verträgen auch nach Einigung zulässig

Der Beginn der Widerrufsfrist für einen Verbraucher­darlehens­vertrag wird nicht in Gang gesetzt, wenn der Beginn der Widerrufsfrist missverständlich ist. Der Darlehensnehmer kann daher selbst dann noch sein Widerrufsrecht ausüben, wenn er die Abnahme des Darlehens verweigert und eine Nichtabnahme­entschädigung bezahlt hat. Sein Anspruch auf Rückzahlung der Nichtabnahme­entschädigung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ausgeschlossen. Dies hat das Oberlandesgericht Koblenz in seiner Entscheidung bekanntgegeben.

Im hier zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger im Juli 2008 mit der Beklagten im Wege des Fernabsatzes zwei Bereitstellungsdarlehensverträge über Nennbeträge von insgesamt 195.000 Euro abgeschlossen, denen jeweils identische Widerrufsbelehrungen beigefügt waren. Im März 2011 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger die Darlehen nicht abnimmt und eine Nichtabnahmeentschädigung von nahezu 14.600 Euro zahlt. Unter dem 18. September 2014 widerrief er seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

OLG: Keine Anwendung der Sonderregelung für Fernabsatzverträge bei Verbraucherdarlehensverträgen

Die Klage auf Rückzahlung der im Jahre 2011 gezahlten Nichtabnahmeentschädigung hatte das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht Koblenz das Urteil jedoch abgeändert und die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Nichtabnahmeentschädigung verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts konnte der Kläger im September 2014 sein Widerrufsrecht noch ausüben, weil die Widerrufsbelehrungen in den Verträgen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missverständlich sind und deshalb die Widerrufsfrist für das Darlehen nicht in Lauf gesetzt haben. Das Widerrufsrecht des Klägers war auch nicht nach der Sonderregelung bei Fernabsatzverträgen (§ 312 d Abs. 3 Ziffer 1 BGB a.F.*) erloschen, da diese Regelung bei Verbraucherdarlehensverträgen keine Anwendung findet, bei denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditrecht (§§ 495, 499 bis 507, 355 BGB a.F.) zusteht.

Kein Anspruch der Bank auf schutzwürdiges Vertrauen

Die Vereinbarung vom März 2011 hat das bestehende Widerrufsrecht des Klägers nach Auffassung der Richter ebenfalls nicht beseitigt, da hierdurch der Vertrag nicht rückwirkend aufgelöst, sondern lediglich der ursprünglich vereinbarte Erfüllungszeitpunkt für das Darlehen vorverlagert wurde. Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch weder verwirkt noch unzulässig ausgeübt, § 242 BGB*. Die mit der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile trägt nämlich grundsätzlich der Verwender. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Bank nicht in Anspruch nehmen, da sie den Schwebezustand selbst herbeigeführt und im Übrigen die Möglichkeit bestanden hat, den Kläger noch nach Vertragsabschluss ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren.

Erläuterungen

* - § 312 d Abs.3 Ziffer 1 BGB a.F. bestimmt zur Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen:

"Das Widerrufsrecht erlischt bei einer Dienstleistung auch in folgenden Fällen:

1.bei einer Finanzdienstleistung, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat"

* - § 242 BGB lautet:

"Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern."

 

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.08.2016
Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ ra-online

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