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Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 13.06.2023
- 3 U 148/22 -
Befristung der Gültigkeitsdauer "Mobiler Briefmarken" auf 14 Tage unwirksam
Befristung der Gültigkeitsdauer stellt unangemessene Benachteiligung dar
Das Oberlandesgericht Köln hat im Streit um die Wirksamkeit einer Vertragsbestimmung, wonach "Mobile Briefmarken" mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit verlieren, u.a. entschieden, dass die entsprechende Befristung Käufer unangemessen benachteiligt und insoweit unwirksam ist.
Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Länder und 28 weiterer verbraucherpolitischer Verbände in Deutschland. Die Beklagte bietet Beförderungsleistungen für Briefe und Pakete an. Für Briefe und Postkarten offeriert sie Verbrauchern als Nachweis für die Zahlung des Beförderungsentgelts eine sogenannte Mobile Briefmarke, auch "Portocode" genannt. Kauf und Zahlung dieser mobilen Briefmarke erfolgen durch die Verbraucher über eine Smartphone-App. Nach der Bestellung und Bezahlung wird diesen in der App der achtstellige Porto-Code zur Frankierung angezeigt, damit sie ihn handschriftlich auf der Briefsendung oder der Postkarte anbringen können.
AGB sehen für Mobile Briefmarken nur eine 14-tägige Gültigkeitsdauer vor
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: AGB) für den Onlinehandel der Beklagten heißt es, die Mobile Briefmarke sei lediglich als ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch gedacht. Weiterhin ist darin Folgendes niedergelegt: "Erworbene Mobile
Beklagte: Zeitliche Begrenzung der Gültigkeit zur Sicherung des Produkts und Vermeidung von Missbrauch erforderlich
Die Beklagte vertritt im Kern die Auffassung, die Regelungen unterlägen nicht der Inhaltskontrolle nach der vorbezeichneten Vorschrift, zudem werde der Verbraucher nicht einseitig benachteiligt, sondern durch ein besonders einfach zu handhabendes Produkt begünstigt. Jede Ausdehnung der Gültigkeitsdauer bedeute im Übrigen eine deutliche Zunahme an notwendigen Zeichen, was der einfachen Handhabbarkeit des Produktes zuwiderliefe. Zudem sei die zeitliche Begrenzung der
OLG: Verbraucher werden unangemessen benachteiligt
Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hin hat das OLG die Entscheidung des bestätigt. Das LG habe die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche (u.a. nach § 1 UKlaG, s.u.) zu Recht bejaht. Die angegriffene AGB benachteilige den Verbraucher unangemessen. Im Einzelnen: Das LG sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehenden Regelungen als AGB unwirksam seien. Sie seien, wozu näher ausgeführt wird, nicht von einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB ausgenommen. Bei dem Erwerb der "mobilen Briefmarke" handele es sich im Übrigen um einen Kaufvertrag und nicht, wie von der Beklagten angenommen, bereits um einen konkreten Frachtvertrag, so dass sich die Verjährungsfrist nach § 195 BGB (s.u.) bestimme und drei Jahre betrage.
Eingriff in Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung
Zu den wesentlichen Grundgedanken der für schuldrechtliche gegenseitige Verträge geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts gehöre das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Im Falle einer temporalen Verfallfrist - wie hier - werde in das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung eingegriffen, weil der Verwendungsgegner zwar den Preis für die Leistung bezahlt habe, ihm die Gegenleistung aber nur befristet zustehen solle und zeitlich über die Verjährungsregelungen hinaus beschränkt werde. Solche Verfallklauseln seien daher an der Vorschrift des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu messen, wobei der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB eine Leitbildfunktion zukomme. Zwar sei nicht jede zeitliche Begrenzung der Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbare Verletzung des Äquivalenzprinzips und
Keine Notwendigkeit, die Gültigkeit auf 14 Tage zu begrenzen
Vorliegend habe das Landgericht (auch) zutreffend in den Blick genommen, dass es sich um eine erhebliche zeitliche Beschränkung des Erfüllungsanspruchs handele. Denn durch die Beschränkung der
Stornierungsmöglichkeit führt zu keiner anderen Beurteilung
An der unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher ändere sich auch nichts dadurch, dass die Möglichkeit bestehe, die Bestellung einer Briefmarke binnen 14 Tagen kostenlos zu stornieren oder zu widerrufen. Vorliegend fehle es bereits an der erforderlichen Wechselbeziehung zwischen der kurzen Gültigkeitsdauer und dem eingeräumten Stornierungsrecht, weil Verbrauchern bei jedem Fernabsatzvertrag ein 14-tägiges Widerrufsrecht von Gesetzes wegen zustehe. Die Unangemessenheit der angegriffenen Klausel folge zudem daraus, dass bei Nichtnutzung der "mobilen Briefmarke" innerhalb der gesetzten Gültigkeitsdauer der ersatzlose Entzug des Anspruchs auf Beförderung der Briefe/Postkarten folge. Die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.06.2023
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (pm/ab)
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Dokument-Nr. 32990
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