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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25.04.2023
7 U 125/22 -

Hälftige Haftungsverteilung bei Sturz eines Businsassen wegen schuldhafter Notbremsung des Busfahrers

Ältere Fahrgäste müssen sich mit beiden Händen an Haltestange festhalten

Kommt ein älterer Businsasse wegen einer schuldhaften Notbremsung des Busfahrer zu Fall, so rechtfertigt dies eine hälftige Haftungsverteilung, wenn der Businsasse vor dem Halt an der Haltestelle aufsteht und sich nur mit einer Hand an einer Haltestange festhält. Dies hat das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Abend im November 2020 kam in einem Linienbus in Lübeck eine 82-jährige Insassin aufgrund einer plötzlichen Notbremsung des Busfahrers zu Fall. Die Notbremsung erfolgte ,weil der Busfahrer beim Linksabbiegen eine Fußgängerin übersah. Die Businsassin war noch im Kreuzungsbereich aufgestanden und hielt sich mit einer Hand an einer Haltestange fest, als es zu dem Vorfall kam. Sie klagte anschließend auf Zahlung von Schadensersatz.

Landgericht wies Klage ab

Das Landgericht Lübeck wies die Klage ab. Der Klägerin sei ein derart großes Mitverschulden anzulasten, dass eine mögliche Haftung der Beklagten dahinter zurücktrete. Die Klägerin habe sich ohne sachlichen Grund selbst in Gefahr gebracht, indem sie während der Fahrt von ihrem Sitz aufgestanden und sich nur mit einer Hand an der Haltestange festgehalten hat. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Klägerin. Sie wollte nunmehr eine hälftige Haftungsverteilung erreichen.

Oberlandesgericht nahm hälfte Haftungsverteilung vor

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschied zu Gunsten der Klägerin. Eine hälftige Haftungsverteilung sei hier angezeigt. Zwar sei der Klägerin ein Mitverschulden anzulasten. Gerade ein Fahrgast im fortgeschrittenen Alter müsse sich mit beiden Händen an der Haltestange festhalten. Zudem sei im Stadtverkehr stets mit plötzlichen Bremsmanövern zu rechnen. Zu berücksichtigen sei aber, dass dem Busfahrer ein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 StVO anzulasten sei. Er habe schuldhaft eine Notbremsung vollzogen. Es liege damit kein normaler Bremsvorgang im fließenden Straßenverkehr vor. Der Verkehrsverstoß werde von dem Mitverschulden der Klägerin nicht verdrängt.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.06.2023
Quelle: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Lübeck, Urteil vom 17.06.2022
    [Aktenzeichen: 9 O 2/22]

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Dokument-Nr.: 32982 Dokument-Nr. 32982

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