Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2016
- XI ZR 9/15 und XI ZR 387/15 -
Vorformulierte Bankklauseln über pauschales "Mindestentgelt" für geduldete Überziehungen unwirksam
BGH entscheidet über Zulässigkeit eines pauschalen Entgelts für geduldete Überziehungen
Der Bundesgerichtshof hat in zwei im wesentlichen Punkt parallel gelagerten Revisionsverfahren entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über ein pauschales "Mindestentgelt" für geduldete Überziehungen (§ 505 BGB) zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind.
In dem Verfahren XI ZR 9/15 hieß es in den von der beklagten
[...]
8. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 Euro (Stand August 2012) und werden im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen."
Verbraucherschutzverein rügt unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, ist der Ansicht, dass die Regelung unter Ziffer 8 Satz 1 der Bedingungen
In dem Verfahren XI ZR 387/15 begehrt der klagende Verbraucherschutzverein von der Beklagten, einer Geschäftsbank, die Unterlassung der Verwendung folgender Klausel:
"[Die Bank] berechnet für jeden Monat, in welchem es auf dem Konto zu einer geduldeten Überziehung kommt, ein Entgelt von 2,95 €, es sei denn, die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen übersteigen im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 €. Die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen werden nicht in Rechnung gestellt, wenn sie im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 € unterschreiten."
Der Kläger ist der Ansicht, dass die
Bedingungen über pauschales "Mindestentgelt" für geduldete Überziehung halten gerichtlicher Inhaltskontrolle nicht stand
Der Bundesgerichtshof hat in dem Verfahren XI ZR 9/15 die Revision der beklagten
Preisnebenabreden unterliegen grundsätzlich der Inhaltskontrolle
Die Klauseln sind nicht als sogenannte Preishauptrede einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB** entzogen. Vielmehr handelt es sich um Preisnebenabreden, die einer Inhaltskontrolle unterliegen. Denn in den Fällen, in denen das
Klauseln führen gerade bei niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten zu unverhältnismäßigen Belastungen
Die Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten auch in unangemessener Weise, zumal sie gerade bei niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten zu unverhältnismäßigen Belastungen führen. Denn bei einer geduldeten Überziehung von 10 Euro für einen Tag und dem hierfür in Rechnung zu stellenden Betrag von 6,90 Euro in dem Verfahren XI ZR 9/15 bzw. von 2,95 Euro in dem Verfahren XI ZR 387/15 wäre ein Zinssatz von 25.185 % p.a. bzw. von 10.767,5 % p.a. zwischen den Parteien zu vereinbaren.
Erläuterungen
* - § 505 BGB
Geduldete Überziehung
(1) Vereinbart ein Unternehmer in einem Vertrag mit einem
(2) Kommt es im Fall des Absatzes 1 zu einer erheblichen Überziehung von mehr als einem Monat, unterrichtet der Darlehensgeber den Darlehensnehmer unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger über die sich aus Artikel 247 § 17 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ergebenden Einzelheiten. Wenn es im Fall des Absatzes 1 zu einer ununterbrochenen Überziehung von mehr als drei Monaten gekommen ist und der durchschnittliche Überziehungsbetrag die Hälfte des durchschnittlichen monatlichen Geldeingangs innerhalb der letzten drei Monate auf diesem Konto übersteigt, so gilt § 504 a entsprechend. Wenn der Rechnungsabschluss für das laufende Konto vierteljährlich erfolgt, ist der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 der jeweilige Rechnungsabschluss.
(3) Verstößt der Unternehmer gegen Absatz 1 oder Absatz 2, kann der Darlehensgeber über die Rückzahlung des Darlehens hinaus Kosten und Zinsen nicht verlangen.
(4) Die §§ 491 a bis 496 und 499 bis 502 sind auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge, die unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen zustande kommen, nicht anzuwenden.
** - § 307 BGB
Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine
(2) Eine
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
*** - § 488 Abs. 1 BGB
Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag
(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
(2) [...]
(3) [...]
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.10.2016
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.06.2013
[Aktenzeichen: 12 O 345/12] - Pauschalbetrag von 6,50 Euro der Deutschen Bank für geduldete Kontoüberziehung ist sittenwidrig
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 04.12.2014
[Aktenzeichen: 1 U 170/13])
- Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2014
[Aktenzeichen: 12 O 71/13] - Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.07.2015
[Aktenzeichen: 6 U 94/14]
Fundierte Fachartikel zum diesem Thema beim Deutschen Anwaltsregister:
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 23339
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil23339
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.