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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.05.2017
BVerwG 8 CN 1.16 -

Kein verkaufsoffener Sonntag ohne Sachgrund

Umsatz- und Erwerbsinteresse der Handelsbetriebe und Shoppinginteresse der Kundschaft als Sachgrund nicht ausreichend

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass ein verkaufsoffener Sonntag stets durch einen Sachgrund gerechtfertigt sein muss. Als Sachgrund reicht das alleinige Umsatz- und Erwerbsinteresse der Handelsbetriebe und das Shoppinginteresse der Kundschaft jedoch nicht aus. Die konkret beabsichtigte Ladenöffnung ist vielmehr in ihrem zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Umfang zu rechtfertigen.

Im zugrunde liegenden Verfahren ging es um eine Rechtsverordnung der Stadt Worms zur Freigabe der Ladenöffnung an einem Sonntag. Die Verordnung sah vor, dass am 29. Dezember 2013 sämtliche Verkaufsstellen im Gemeindegebiet von 13 bis 18 Uhr geöffnet sein durften.

BVerwG erklärt Rechtsverordnung zur Freigabe der sonntäglichen Ladenöffnung für unwirksam

Der Normenkontrollantrag einer Gewerkschaft hatte vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz keinen Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht änderte das Urteil der Vorinstanz und stellte fest, dass die Rechtsverordnung über die Freigabe der sonntäglichen Ladenöffnung unwirksam war.

Beabsichtigte Ladenöffnung muss in zeitlichem, räumlichem und gegenständlichem Umfang gerechtfertigt sein

Die zur Prüfung gestellte Rechtsverordnung war rechtswidrig, weil § 10 Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (LadöffnG) sie bei der gebotenen grundgesetzkonformen Auslegung nicht rechtfertigt. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Einklang mit Bundesrecht davon ausgegangen, dass jede Ladenöffnung an einem Sonn- oder Feiertag für sich genommen nach § 10 LadöffnG i.V.m. Art. 57 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung für Rheinland- Pfalz durch einen Sachgrund gerechtfertigt sein muss. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die bundesverfassungsrechtlichen Anforderungen des Sonntagsschutzes jedoch nicht schon erfüllt, wenn der Verordnungsgeber alle für und gegen die Ladenöffnung sprechenden Belange berücksichtigt und im Rahmen einer Gesamtabwägung vertretbar gewichtet hat. Als Sachgrund reicht das alleinige Umsatz- und Erwerbsinteresse der Handelsbetriebe und das Shoppinginteresse der Kundschaft nicht aus. Ein darüber hinausgehendes öffentliches Interesse muss hinreichend gewichtig sein, um die konkret beabsichtigte Ladenöffnung in ihrem zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Umfang zu rechtfertigen. Ein solcher Sachgrund für die in Rede stehende stadtgebietsweite sonntägliche Ladenöffnung lag bei Erlass der Verordnung jedoch nicht vor. Der nachträglich im Gerichtsverfahren angeführte Silvestermarkt war damals noch nicht einmal beantragt.

Auszug aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland:

Art. 140

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Art. 139 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Auszug aus der Verfassung für Rheinland-Pfalz:

Art. 57

(1) Der 8-Stunden-Tag ist die gesetzliche Regel. Sonntage und gesetzliche Feiertage sind arbeitsfrei. Ausnahmen sind zuzulassen, wenn es das Gemeinwohl erfordert.

[...]

Auszug aus dem Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz:

§ 3 Allgemeine Ladenschlusszeiten

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kundengeschlossen sein: 1. an Sonn- und Feiertagen,

[...]

§ 10 Verkaufsoffene Sonntage

Verbandsfreie Gemeinden, Verbandsgemeinden und kreisfreie und große kreisangehörige Städte können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Verkaufsstellen abweichend von § 3 Satz 1 Nr. 1 allgemein oder in bestimmten Teilen des Gemeindegebiets an höchstens vier Sonntagen pro Gemeinde in einem Kalenderjahr geöffnet sein dürfen und diese Tage sowie die Lage der zugelassenen Ladenöffnungszeiten festsetzen.

[...]

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.05.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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