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Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.02.2008
VIII R 1/07 -

BFH zur Geltung der verlängerten Festsetzungsfrist zugunsten eines Steuerhinterziehers

Sind die (Steuer-) Ehrlichen doch die Dummen?

Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Frage befasst, ob die bei Steuerhinterziehung geltende zehnjährige Verjährungsfrist auch dann gilt, wenn der Steuerhinterzieher im Ergebnis einen Erstattungsanspruch geltend macht. Der Bundesfinanzhof verneinte diese Frage.

Der Kläger erzielte Kapitaleinkünfte, die über dem gesetzlichen Sparerfreibetrag lagen. Seine Bank hatte von den fälligen Zinsen jeweils die wie eine Einkommensteuervorauszahlung wirkende Zinsabschlagsteuer in Höhe von 30 % der Erträge einbehalten und an den Fiskus abgeführt. Da der persönliche Steuersatz des Klägers deutlich niedriger als 30 % war, hätte der Kläger bei wahrheitsgemäßer Angabe der Zinsen in der Steuererklärung mehrere tausend DM vom Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zurückerhalten. Tatsächlich verschwieg er jedoch sämtliche Zinsen in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997.

Kläger machte eine Selbstanzeige

Erst Ende 2004 berichtigte er seine Angaben im Rahmen einer Selbstanzeige und verlangte vom Finanzamt die Rückzahlung der zuviel erhobenen Einkommensteuer. Da die normale Verjährungsfrist von vier Jahren bereits abgelaufen war, bezichtigte er sich selbst der Steuerhinterziehung und berief sich auf die dann geltende Zehnjahresfrist.

Während das Finanzgericht dem Kläger Recht gab, vertrat der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass in einem solchen Fall die verlängerte Verjährungsfrist nicht eingreift. Ob eine vollendete Steuerhinterziehung überhaupt gegeben ist, wenn der Fiskus - wie im Streitfall - über die Zinsabschlagsteuer die ihm zustehenden Steuerbeträge faktisch bereits erhalten hat, konnte der Bundesfinanzhof offen lassen.

BFH: Steuerhinterzieher muss seinen Erstattungsanspruch innerhalb von vier Jahren geltend machen

Selbst wenn der Kläger sich der Steuerhinterziehung schuldig gemacht haben sollte, gilt keine zehnjährige Frist. Denn der Zweck der vom Gesetzgeber angeordneten Fristverlängerung besteht darin, den durch eine Steuerstraftat geschädigten Fiskus in die Lage zu versetzen, die ihm in strafbarer Weise vorenthaltenen Steuerbeträge über die normale Verjährungsfrist hinaus noch nachfordern zu können. Der Steuerhinterzieher muss seinen Erstattungsanspruch dagegen innerhalb von vier Jahren geltend machen. Damit gilt für ihn dieselbe Frist, die auch allen ehrlichen Steuerbürgern im Normalfall zusteht, um vergleichbare Erstattungsansprüche realisieren zu können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Ehrliche doch nicht der Dumme ist.

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der Leitsatz

1. Mit der gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängerten Festsetzungsfrist soll es dem durch eine Steuerstraftat geschädigten Steuergläubiger ermöglicht werden, die ihm vorenthaltenen Steuerbeträge auch noch nach Ablauf von vier Jahren zurückzufordern. Sinn und Zweck des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO bestehen jedoch nicht darin, den Steuerhinterzieher in die Lage zu versetzen, Erstattungsansprüche über die reguläre Verjährungsfrist hinaus zu realisieren.

2. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO setzt einen hinterzogenen Betrag im Sinne eines Anspruchs des Fiskus auf eine Abschlusszahlung voraus, der wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung bislang nicht geltend gemacht werden konnte.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.06.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 60/08 des BFH vom 25.06.2008

Vorinstanz:
  • Finanzgericht München, Urteil vom 10.11.2005
    [Aktenzeichen: 15 K 3231/05]
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