alle Urteile, veröffentlicht am 16.02.2022
Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.02.2022
- 5 MB 42/21 -
Keine "individuelle Lösung" bei der Müllabfuhr
Anwohner einer Sackgasse müssen Mülltonne zu Sammelplatz bringen
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass Anwohner einer Sackgasse grundsätzlich verpflichtet werden können, ihre Mülltonne zu einem dafür eingerichteten Sammelplatz zu bringen. Ein Anspruch auf eine "individuelle Lösung" zu Lasten der anderen Entgeltzahler oder auf Aufrechterhaltung der in der Vergangenheit praktizierten Müllentsorgung bestehe nicht.
Die Berufsgenossenschaft Verkehr hatte im vorliegenden Fall festgestellt, dass der in der Sackgasse bislang genutzte unbefestigte Wendeplatz für ein dreiachsiges Abfallsammelfahrzeug ungeeignet ist. Die zuständige Abfallbehörde des Kreises entschied deshalb, in der ca. 330 m langen Sackgasse einen Sammelplatz einzurichten, der 150 m von der Hauptstraße entfernt liegt. Für den am Ende der Sackgasse wohnenden Antragsteller des Verfahrens heißt dies, dass er seine Tonne ca. 180 m eigenverantwortlich transportieren muss.Diese Entscheidung hat das OVG in zweiter Instanz bestätigt und den anderslautenden Beschluss des Verwaltungsgerichts... Lesen Sie mehr
Landgericht Coburg, Urteil vom 06.10.2020
- 11 O 92/20 -
Keine Hinweispflicht auf stattgefundenes Verbrechen bei Hauskauf
LG Coburg zum Umfang der Offenbarungspflicht beim Immobilienverkauf
Die Klage auf Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages wegen behaupteter arglistiger Täuschung blieb ohne Erfolg. Die Verkäuferin hatte die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass sich im verkauften Wohnanwesen mehr als 20 Jahre zuvor ein Verbrechen ereignet hatte.
Im Jahr 2018 kaufte die Klägerin von der Beklagten ein Wohnanwesen zur eigenen Benutzung. In diesem Haus hatte im Jahr 1998 ein Doppelmord an einer Frau und ihrem kleinen Kind stattgefunden. Als die jetzt beklagte Verkäuferin ihrerseits das Anwesen im Jahr 2004 erwarb, wusste sie von dem Verbrechen selbst nichts, sondern erfuhr erst einige Jahre später davon. Nachdem die Klägerin von... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.10.2021
- IV ZR 236/20 -
BGH: Kein Versicherungsschutz durch Wohngebäudeversicherung bei Wasserschaden aufgrund undichter Fuge zwischen Duschwanne und Wand
Duschwanne, Fuge und Wand stellen keine mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtungen dar
Kommt es wegen einer undichten Fuge zwischen der Duschwanne und der angrenzenden Wand zu einem Wasserschaden, besteht kein Versicherungsschutz durch die Wohngebäudeversicherung nach Teil A § 3 Nr. 3 VGB 2008. Die Duschwanne, Fuge und angrenzende Wand stellen keine mit dem Rohrsystem verbundene sonstige Einrichtungen dar. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Wegen einer undichten Fuge zwischen der Duschwanne und der angrenzenden Wand kam es in einem Wohngebäude in Bayern zu einem Wasserschaden. Der Eigentümer des Gebäudes beanspruchte deshalb die Wohngebäudeversicherung. Da sich diese weigerte den Schaden zu regulieren, erhob der Eigentümer Klage. Das Landgericht Aschaffenburg hat die Klage... Lesen Sie mehr
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Amtsgericht Essen, Urteil vom 30.12.2021
- 196 C 73/21 -
Untersagung oder wesentliche Einschränkung des Rechts auf Vermietung von Wohneigentum per Beschluss unzulässig
Einschränkung des Rechts auf Vermietung des Sondereigentums nur durch Gemeinschaftsordnung
Das Recht auf Vermietung des Wohneigentums kann nicht durch einen Beschluss untersagt oder wesentlich eingeschränkt werden. Dies geht nur durch die Gemeinschaftsordnung. Dies hat das Amtsgericht Essen entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2021 wurde auf einer Eigentümerversammlung mehrheitlich beschlossen, dass eine Neuvermietung von Wohneigentum unter einem Zustimmungsvorbehalt und der Verwalterzustimmung stehen soll. Eine Wohnungseigentümerin hielt dies für unzulässig und erhob daher Klage.Das Amtsgericht Essen entschied zu Gunsten der Klägerin.... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 01.12.2021
- 1 BvR 2708/19 -
Verstoß gegen prozessuale Waffengleichheit bei Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne vorangegangene Anhörung
Gerichte müssen auch Verfahrensgegner in einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich anhören
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Hanseatische Oberlandesgericht die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichem Recht auf prozessuale Waffengleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verletzt hat, indem es ohne vorherige Anhörung eine einstweilige Anordnung erlassen hat.
Die Beschwerdeführerin veröffentlichte auf einer von ihr verantworteten Internetplattform ein Interview, in dem unter anderem die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens erwähnt wurde. Wegen dieser Berichterstattung mahnte die Antragstellerin die Beschwerdeführerin mit anwaltlichem Schreiben zunächst erfolglos ab. Die Antragstellerin stellte deshalb beim Landgericht einen Antrag auf... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.02.2022
- 16 U 87/21 -
Deutung einer Aussage ist eine Meinungsäußerung und unterliegt dem grundrechtlichen Schutz
Deutung einer Aussage ist Meinungsäußerung
Die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung erfolgt unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes einer Äußerung. Die Deutung der Aussage einer die Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen hinterfragenden Person stellt hier eine Meinungsäußerung dar. Als Bestandteil des geistigen Meinungskampfes in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage ist diese Meinungsäußerung nicht rechtwidrig. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündetem Urteil bestätigt, dass der Klägerin kein Unterlassungsanspruch zusteht.
Die Klägerin engagiert sich in einer Initiative, die die Verhältnismäßigkeit der staatlich angeordneten Corona-Maßnahmen hinterfragt und in einer mittelhessischen Stadt seit Sommer 2021 angemeldete öffentliche Versammlungen durchführt. Im Zusammenhang mit zuvor durchgeführten nicht angemeldeten Zusammenkünften war auch die Klägerin beim Ordnungsamt angezeigt worden. Altstadtbewohner... Lesen Sie mehr