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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 05.06.2012
4 U 88/11 -

Geisterfahrt: Befahren der Busspur mit einem Fahrrad entgegen der Fahrtrichtung ist grob verkehrswidrig

Daher kein Schmerzensgeldanspruch des verunfallten Radfahrers

Das Befahren der Busspur mit einem Fahrrad entgegen der Fahrtrichtung stellt einen grob verkehrswidrigen Sorgfaltspflichtverstoß dar. Kommt es zu einem Verkehrsunfall hat der verunfallte Radfahrer keinen Schmerzensgeldanspruch. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall befuhr eine Radfahrerin eine Busspur entgegen der Fahrtrichtung am äußersten linken Fahrbahnrand. Sie achtete dabei nicht auf den links neben ihr verlaufenden Bürgersteig, sondern blickte geradeaus auf den entgegenkommenden Verkehr. Dadurch übersah sie einen aus einer Grundstückseinfahrt kommenden PKW und kollidierte mit ihm. Der Autofahrer fuhr zwar langsam aus der Einfahrt, blickte aber nicht nach rechts. Zudem war seine Sicht nach rechts durch eine Säule eingeschränkt. Die Radfahrerin verlangte aufgrund des Unfalls Schmerzensgeld vom Autofahrer. Das Landgericht Frankfurt a.M. wies die Klage ab. Es war der Meinung, eine Haftung des Autofahrers sei nicht in Betracht gekommen, da der Radfahrerin ein überwiegendes Mitverschulden anzulasten gewesen sei. Dagegen richtete sich die Berufung der Radfahrerin.

Überwiegendes Mitverschulden der Radfahrerin

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied gegen die Radfahrerin. Ihr habe kein Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß §§ 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB zugestanden. Denn der Unfall habe auf dem ganz überwiegenden Mitverschulden der Radfahrerin beruht (§§ 9 StVG, 254 BGB). Eine etwaige Haftung des Autofahrers gemäß § 18 Abs. 1 StVG sei dahinter zurückgetreten. Die Radfahrerin habe durch ihr Verhalten grob verkehrswidrig gegen die ihr gemäß § 1 Abs. 2 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen (vgl. OLG Celle, Urt. v. 31.01.2003 - 14 U 222/02).

Geringes Verschulden des Autofahrers

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei dem Autofahrer nur ein geringes Verschulden anzulasten gewesen. Zwar entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung (sog. Anscheinsbeweis), dass ein aus einem Grundstück ausfahrender Autofahrer an dem Unfall ein Alleinverschulden treffe. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn - wie hier - der Verunfallte verkehrswidrig entgegen der Fahrtrichtung die Fahrbahn befuhr (vgl. Saarländisches OLG, Urt. v. 01.03.2011 - 4 U 355/10).

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 30.01.2013
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 19.04.2011
    [Aktenzeichen: 2-7 O 350/10]

Fundierte Fachartikel zum diesem Thema beim Deutschen Anwaltsregister:

Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2012, Seite: 3249
NJW 2012, 3249
 | Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV)
Jahrgang: 2012, Seite: 590
NZV 2012, 590

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