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Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.03.2015
XII ZR 61/13 -

Ehegatte kann nach Scheitern der Ehe anhand der Regeln zum Auftragsrecht Befreiung von einer Grundschuld verlangen

Ehegatte muss jedoch wirtschaftliche Interessen des anderen Ehegatten angemessen berücksichtigen

Nimmt ein Ehegatte zwecks Erweiterung seiner Praxisräume ein Darlehen auf und sichert der andere Ehegatte dieses Darlehen mit einer Grundschuld an seinem Grundstück ab, so kann der absichernde Ehegatte nach Scheitern der Ehe anhand der Regeln zum Auftragsrecht die Befreiung von der Grundschuld verlangen. Der absichernde Ehegatte muss dabei jedoch die wirtschaftlichen Interessen des anderen Ehegatten angemessen berücksichtigen. Dies kann durch Vorlage eines Tilgungsplans geschehen, der erkennen lässt, für welche Zwecke und für welche Zeit die Grundschuld benötigt wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Ehepaar nahm zwecks Ausbau der Praxisräume des als Zahnarzt tätigen Ehemanns mehrere gemeinschaftliche Darlehen auf. Zudem schloss die Ehefrau mehrere Darlehensverträge allein ab, die hauptsächlich der Finanzierung von medizinischen Geräten dienen sollten. Zur Sicherung der Kredite bestellte die Ehefrau mehrere Grundschulden an ihrem Grundstück. Im Juni 2005 beantragte der Ehemann die Scheidung. Daraufhin verlangte die Ehefrau von ihrem Ehemann die Befreiung von den Grundschulden hinsichtlich der Kredite ihres Ehemanns. Dies lehnte der Ehemann jedoch ab, so dass die Ehefrau Klage erhob.

Landgericht bejahte, Oberlandesgericht verneinte Befreiung von Grundschulden

Während das Landgericht Marburg der Klage stattgab und somit ein Anspruch auf Befreiung von den Grundschulden bejahte, verneinte das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. einen solchen Freistellungsanspruch. Zur Begründung führte es aus, dass ein Ehegatte zwar die Befreiung einer eingegangenen Grundschuld anhand des Auftragsrechts verlangen könne, wenn die Ehe scheitert. Dies gelte jedoch nicht ohne Einschränkungen. Es sei zu beachten gewesen, dass sich die Ehefrau auf die Finanzierungsaktivitäten und das Kreditengagement des Ehemanns stillschweigend eingelassen hat. Sie habe daher nur eine Befreiung nach Maßgabe des Finanzierungsplans ihres Ehemanns verlangen können. Da ohne die Grundschulden eine Finanzierung der Kredite nicht möglich gewesen sei, habe sie sich weiterhin an dem Finanzierungsplan halten müssen. Die Vorlage eines Tilgungsplans durch den Ehemann sei nicht notwendig und eine bloße Förmelei gewesen, weil eine Neufinanzierung ohne das Grundstück der Ehefrau als Sicherheit nicht möglich gewesen sei. Gegen diese Entscheidung legte die Ehefrau Revision ein.

BGH hielt Anspruch auf Befreiung von Grundschulden für gegeben

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Ehefrau und hob daher die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf. Ihr habe ein Anspruch auf Befreiung von den Grundschulden gemäß § 670 BGB zugestanden. Der Ehefrau habe nach Scheitern der Ehe insofern ein Kündigungsrecht nach § 671 Abs. 3 BGB zugestanden. Zwar gelte das Kündigungsrecht nicht uneingeschränkt. So habe die Ehefrau die wirtschaftlichen Interessen ihres Ehemanns berücksichtigen müssen. Dem sei sie aber nachgekommen.

Notwendigkeit der Vorlage eines Tilgungsplans

Die Ehefrau habe die wirtschaftlichen Interessen ihres Ehemanns dadurch berücksichtigt, so der Bundesgerichtshof, dass sie sich bereit erklärte, die gemeinsamen Darlehen weiter abzusichern. Die Absicherung der vom Ehemann aufgenommenen Kredite habe dagegen die Vorlage eines Tilgungsplans durch den Ehemann vorausgesetzt, aus dem hervorgehen musste, für welche Zwecke und für welche Zeit die Grundschulden auch unter Berücksichtigung der Interessen der Ehefrau benötigt wurden. Einen solchen Plan habe der Ehemann jedoch nicht vorgelegt.

Vorlage des Tilgungsplans keine bloße Förmelei

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sei die Vorlage des Tilgungsplans auch keine bloße Förmelei gewesen. Selbst wenn das Grundstück der Ehefrau zur Absicherung der Kredite notwendig gewesen sei, habe dies einen Tilgungsplan nicht entbehrlich gemacht. Denn die zur Rückzahlung fälligen Darlehen haben neu vereinbart werden müssen. Ohne Tilgungsplan habe die Ehefrau nicht erkennen können, zu welchen Konditionen die Kredite abgeschlossen würden, zu welchem Zeitpunkt sie endgültig getilgt werden würden und wann sie mit einer Befreiung der von ihr gestellten Sicherheiten rechnen konnte.

Kein Kündigungsverzicht der Ehefrau durch stillschweigende Einlassung auf Finanzierungsaktivitäten und Kreditmanagement des Ehemanns

Soweit das Oberlandesgericht zudem annahm, dass die Ehefrau durch die stillschweigende Einlassung auf die Finanzierungsaktivitäten und das Kreditmanagement des Ehemanns auf ihr Kündigungsrecht verzichtet habe, folgte der Bundesgerichtshof dem nicht. Denn selbst wenn dies so anzunehmen gewesen sei, schließe ein Kündigungsverzicht das Kündigungsrecht nach § 671 Abs. 3 BGB nicht aus.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.07.2015
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Landgericht Marburg, Urteil vom 12.09.2011
    [Aktenzeichen: 7 O 161/09]
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.11.2012
    [Aktenzeichen: 15 U 205/11]
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2015, Seite: 466
MDR 2015, 466
 | Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR)
Jahrgang: 2015, Seite: 641
NJW-RR 2015, 641

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