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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 22.02.2018
- C-103/16 -
Auch Schwangere dürfen bei Massenentlassungen gekündigt werden
Arbeitgeber muss rechtfertigende Gründe und sachliche Kriterien für Auswahl der Schwangeren für Entlassung benennen
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass auch schwangeren Arbeitnehmerinnen aufgrund einer Massenentlassung gekündigt werden darf. In diesem Fall muss der Arbeitgeber der entlassenen schwangeren Arbeitnehmerin die ihre Kündigung rechtfertigenden Gründe und die sachlichen Kriterien mitteilen, nach denen die zu entlassenden Arbeitnehmer ausgewählt wurden.
Das spanische Unternehmen Bankia nahm am 9. Januar 2013 Konsultationen mit der Arbeitnehmervertretung wegen einer geplanten Massenentlassung auf. Am 8. Februar 2013 erzielte das Verhandlungsgremium eine Vereinbarung, in der die maßgeblichen Kriterien dafür festgelegt wurden, welchen Arbeitnehmern gekündigt werden sollte und welche in dem Unternehmen weiter beschäftigt würden.
Schwangere erhält Kündigungsschreiben
Am 13. November 2013 stellte Bankia gemäß dieser in dem Gremium getroffenen Vereinbarung einer Arbeitnehmerin, die zu diesem Zeitpunkt schwanger war, ein Kündigungsschreiben zu. Darin hieß es u.a., dass für die spanische Provinz, in der sie arbeite, weitgreifende Personalanpassungen erforderlich seien und dass nach dem Bewertungsverfahren, das das Unternehmen in der Konsultationsphase durchgeführt habe, ihr Ergebnis zu den niedrigsten in dieser Provinz zähle.
Nationales Gericht erbittet Auslegung des Kündigungsverbots zugunsten schwangerer Arbeitnehmerinnen durch EuGH
Die betroffene Arbeitnehmerin erhob gegen ihre
Die Richtlinie 92/85 verbietet die
Nicht mit der Schwangerschaft in Zusammenhang stehende Kündigung zulässig
In seinem Urteil entschied der Gerichtshof, dass die Richtlinie 92/85 nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die
Arbeitgeber muss Schwangeren sachliche Kriterien für Auswahl zur Entlassung nennen
Ferner hat der Gerichtshof befunden, dass die Richtlinie 92/85 nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Arbeitgeber einer schwangeren Arbeitnehmerin im Rahmen einer Massenentlassung kündigen kann, ohne ihr weitere Gründe zu nennen als diejenigen, die die Massenentlassung rechtfertigen, solange die sachlichen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer angegeben werden. Hierzu ist nach den beiden Richtlinien in ihrer Kombination nur erforderlich, dass der Arbeitgeber zum einen die nicht in der Person der schwangeren Arbeitnehmerin liegenden Gründe schriftlich darlegt, aus denen er die Massenentlassung vornimmt (nämlich wirtschaftliche, technische oder sich auf Organisation oder Produktion des Unternehmens beziehende Gründe), und zum anderen der betroffenen Arbeitnehmerin die sachlichen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer nennt.
Bloße Erklärung der Unwirksamkeit bei ungerechtfertigter Kündigung als Wiedergutmachung nicht ausreichend
In Beantwortung einer anderen Frage des Tribunal Superior de Justicia de Cataluña hat der Gerichtshof hingegen auch entschieden, dass die Richtlinie 92/85 einer nationalen Regelung entgegensteht, die die
Richtlinie sieht keinen Vorrang für Schwangere für Weiterbeschäftigung bei Massenentlassungen vor
Zwei weitere Fragen des spanischen Gerichts hat der Gerichtshof dahin beantwortet, dass die Richtlinie 92/85 nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, die im Rahmen einer Massenentlassung im Sinne der Richtlinie 98/59 für schwangere Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen oder stillende Arbeitnehmerinnen weder einen Vorrang der
Erläuterungen
* - Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. 1992, L 348, S. 1).
** - Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. 1998, L 225, S. 16).
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.02.2018
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
- Erneute Kündigung einer Angestellten während der Schwangerschaft ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde unzulässig
(Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2015
[Aktenzeichen: 23 Sa 1045/15]) - Arbeitnehmerin erhält Entschädigung wegen diskriminierender Kündigung aufgrund ihrer Schwangerschaft
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2013
[Aktenzeichen: 8 AZR 838/12])
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Dokument-Nr. 25557
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