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Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 07.10.2016
13 S 35/16 -

Rückwärts ohne Einweiser fahrendes Müllfahrzeug trifft trotz Vorfahrtsrecht überwiegende Haftung bei Verkehrsunfall

Schwerer Verkehrsverstoß und erhöhte Betriebsgefahr eines Müllfahrzeugs rechtfertigen Haftungsverteilung

Fährt ein Müllfahrzeug auf einer Vorfahrtsstraße in der Nähe einer Kreuzung rückwärts ohne Einweiser, so begründet dies auch dann eine überwiegende Haftung an einem Verkehrsunfall, wenn der andere Verkehrsteilnehmer einen Vorfahrtsverstoß begangen hat. Die Schwere des Verkehrsverstoßes und die erhöhte Betriebsgefahr des Müllfahrzeugs begründen die Haftungsverteilung. Dies hat das Landgericht Saarbrücken entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2015 bog ein Pkw-Fahrer mit seinem Fahrzeug an einer rechts-vor-links-Kreuzung nach rechts ab und stieß dabei mit einem rückwärtsfahrenden Müllfahrzeug zusammen. Die Haftpflichtversicherung der Halterin des Müllfahrzeugs regulierte den Unfallschaden des Pkw-Fahrers unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 50 %. Damit war dieser aber nicht einverstanden. Er konnte für sich keine Schuld an dem Unfall erkennen, da immerhin das Müllfahrzeug rückwärtsfahrend in sein Fahrzeug gefahren sei. Er erhob daher Klage. Das Amtsgericht Homburg hielt eine Haftungsquote von 50 % für gerechtfertigt und wies daher die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Anspruch auf weiteren Schadensersatz

Das Landgericht Saarbrücken entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers und hob dementsprechend die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf weiteren Schadensersatz zu. Die Haftungsquote von 50 % sei zu hoch.

Vorfahrtsverletzung trotz Rückwärtsfahrt des Müllfahrzeugs

Der Kläger habe zunächst nach dem Beweis des ersten Anscheins eine Vorfahrtsverletzung nach § 8 StVO begangen, so das Landgericht. Stößt der Wartepflichtige im Einmündungsbereich mit einem Vorfahrtsberichtigten zusammen, der rückwärtsfährt, verwirkliche sich auch insoweit die mit dem Befahren von Einmündungen verbundene Gefahr eines Zusammenstoßes in typischer Weise. Der Fahrer des Müllfahrzeugs habe nicht dadurch seine Vorfahrtsberechtigung verloren, dass er rückwärtsfuhr.

Rückwärtsfahren ohne Einweiser begründet schweren Verkehrsverstoß

Demgegenüber habe der Fahrer des Müllfahrzeugs nach Ansicht des Landgerichts in erheblicher Weise gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 9 Abs. 5 StVO verstoßen. Der Fahrer hätte ohne Einweiser nicht rückwärtsfahren dürfen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Gefahr eines Zusammenstoßes mit dem untergeordneten Verkehr angesichts der nahe gelegenen Einmündung offensichtlich gewesen sei. Zwar dürfen Fahrzeuge der Müllabfuhr gemäß § 35 Abs. 6 StVO überall fahren und halten, soweit dies ihr Einsatz erfordere, jedoch bleibe davon die Pflicht zur Einhaltung der übrigen Verkehrsvorschriften unberührt.

Schwerer Verkehrsverstoß und erhöhte Betriebsgefahr des Müllfahrzeugs begründet Haftungsanteil von 2/3

Ausgehend von dem schweren Verkehrsverstoß des Fahrers des Müllfahrzeugs und der erhöhten Betriebsgefahr des Müllfahrzeugs erachtete das Landgericht einen Haftungsanteil von 2/3 für die Beklagten als angemessen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.12.2018
Quelle: Landgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Amtsgericht Homburg, Urteil vom 01.02.2016
    [Aktenzeichen: 4 C 381/15 (10)]
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR)
Jahrgang: 2017, Seite: 83
DAR 2017, 83
 | Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR)
Jahrgang: 2017, Seite: 87
NJW-RR 2017, 87
 | Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV)
Jahrgang: 2017, Seite: 586
NZV 2017, 586

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Dokument-Nr.: 26765 Dokument-Nr. 26765

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Kommentare (1)

 
 
Müllpresse schrieb am 04.12.2018

Wieder einmal muss sich ein AG ein paar Paragraphen erklären lassen.

Lesetipp: §35 Abs 8 StVO...

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