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Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.05.2013
- VI ZR 269/12 -
BGH-Urteil zur Google-Autocomplete-Funktion: Vervollständigungsfunktion kann Persönlichkeitsrechte verletzen
Google muss beleidigende Suchworte sperren / Google muss Suchvorschläge aber nicht vorab auf Rechtsverletzungen überprüfen
Verletzt die Autocomplete-Funktion einer Suchmaschine (hier: Google) Persönlichkeitsrechte, muss der Betreiber die entsprechende Wortkombination löschen. Der Betreiber ist aber regelmäßig nicht dazu verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt. Er ist dann verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die
Kläger sieht sich durch "Autocomplete"-Funktion im Persönlichkeitsrecht und geschäftlichem Ansehen verletzt
Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem
Kläger verlangt Unterlassung der "Autocomplete"-Funktion sowie Schadensersatz
Die Kläger verlangen von der Beklagten, es zu unterlassen, auf der Internetseite ihrer
Berufungsgericht hat Unterlassungsanspruch rechtsfehlerhaft verneint
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
Suchwortergänzungsvorschläge beinhalten Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts
Die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten beinhalten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohnt, zwischen dem Kläger zu 2 und den negativ belegten Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" besteht ein sachlicher Zusammenhang.
BGH bejaht Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Die Kläger würden hierdurch in ihrem
Suchvorschläge grundsätzlich nicht unzulässig
Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet. Der Beklagten ist nämlich nicht vorzuwerfen, dass sie eine Suchvorschläge erarbeitende Software entwickelt und verwendet hat, sondern lediglich, dass sie keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
Betreiber muss bei Nachweis rechtswidriger Verletzungen des Persönlichkeitsrecht für Unterlassung sorgen
Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus. Der Betreiber einer
Berufungsgericht muss Verletzung von Prüfungspflichten sowie möglichen Anspruch auf Geldentschädigung erneut prüfen
Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.05.2013
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Landgericht Köln, Urteil vom 19.10.2011
[Aktenzeichen: 28 O 116/11] - Google-Autocomplete-Funktion: Ergänzungssuchbegriffe einer Internet-Suchmaschine haben keinen eigenen Aussageinhalt
(Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 10.05.2012
[Aktenzeichen: 15 U 199/11])
- Google-"Snippets": Suchergebnisse ("Snippets") haben keinen eigenen Aussageinhalt
(Oberlandesgericht München, Urteil vom 29.09.2011
[Aktenzeichen: 29 U 1747/11]) - Google kann bei Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke in Vorschaubildern nicht wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden (Vorschaubilder II)
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.10.2011
[Aktenzeichen: I ZR 140/10])
Rechtsfragen zum diesem Thema auf refrago:
Jahrgang: 2013, Seite: 459 CR 2013, 459 | Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR)
Jahrgang: 2013, Seite: 751 GRUR 2013, 751 | Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB)
Jahrgang: 2013, Seite: 150 ITRB 2013, 150 | Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS)
Jahrgang: 2013, Seite: 841 JuS 2013, 841 | Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R)
Jahrgang: 2013, Seite: 474 K&R 2013, 474 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2013, Seite: 710 MDR 2013, 710 | Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR)
Jahrgang: 2013, Seite: 535 MMR 2013, 535 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2013, Seite: 2348 NJW 2013, 2348 | Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR)
Jahrgang: 2013, Seite: 771 VersR 2013, 771 | Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP)
Jahrgang: 2013, Seite: 917 WRP 2013, 917 | Zeitschrift für Datenschutz (ZD)
Jahrgang: 2013, Seite: 405 ZD 2013, 405 | Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM)
Jahrgang: 2013, Seite: 550 ZUM 2013, 550
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Dokument-Nr. 15822
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