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Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 09.07.2014
1 K 1597/11 -

Unterschrittene Grenzabstände: Abrissverfügung für Mehrfamilienhaus wegen ebenfalls nicht eingehaltener Abstände der Nachbarhäuser unwirksam

Gericht hebt Abrissverfügung auf

Das Verwaltungsgericht Minden hat eine Anordnung der Stadt aufgehoben, die den Abriss eines errichteten Mehrfamilienhauses wegen zu geringen Abstands von der Nachbargrenze vorsah. Zwar lagen die Voraussetzungen für den Erlass einer derartig weit reichenden Maßnahme nach Auffassung des Gerichts vor; die Bauaufsichtsbehörde habe aber ermessensfehlerhaft gehandelt, weil die auf dem Nachbargrundstück errichteten Gebäude selbst den Grenzabstand nicht eingehalten haben.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls hatte im Jahr 2008 eine Baugenehmigung zu Errichtung eines Mehrfamilienhauses erhalten. Nach Fertigstellung des Gebäudes ergab eine aufgrund von Nachbaranfragen eingeleitete Überprüfung, dass die Grenzabstände in den beiden unteren Stockwerken um bis zu 31 cm und in den beiden oberen Stockwerken um bis zu 66 cm überschritten waren. Die Behörde forderte daraufhin die Beseitigung des Bauwerks unter Hinweis auf einen entsprechenden Abwehranspruch der Nachbarn.

Gebäude auf dem Nachbargrundstück halten Grenzabstand ebenfalls nicht ein

Die Klägerin erhob daraufhin erfolgreich Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden. In dem nunmehr ergangenen Urteil begründet das Gericht seine Entscheidung damit, dass die Nichteinhaltung der erforderlichen Abstände zum Nachbargrundstück grundsätzlich einen nachbarlichen Abwehranspruch auslöst, dem die Bauaufsichtsbehörde mit einer Beseitigungsanordnung Rechnung tragen muss. Auf die konkreten Auswirkungen des Verstoßes komme es insoweit nicht an. Eine der seltenen Ausnahmen von diesem Grundsatz komme aber in Betracht, wenn die Gebäude auf dem Nachbargrundstück den Grenzabstand ebenfalls nicht einhielten. Wer selbst auf seinem Grundstück zu dicht an die Nachbargrenze baut, so das Gericht, kann nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandflächen freihält. Das gelte selbst dann, wenn der einen Abwehranspruch geltend machende Nachbar sich auf eine behördliche Baugenehmigung berufen könne, wie es hier der Fall sei. Die Belastung des Nachbargrundstücks infolge des fehlenden Grenzabstands wirke auch dann fort.

Konkrete Auswirkungen der wechselseitigen Verstöße hätten geprüft und bewertet werden müssen

In derartigen Fällen einer gleichsam spiegelbildlich eingetretenen Verletzung der Grenzabstände müssten vor Erlass einer Beseitigungsanordnung die konkreten Auswirkungen der wechselseitigen Verstöße geprüft und bewertet werden. Das sei hier aber nicht geschehen. Vielmehr habe die Behörde deutlich gemacht, dass sie sich zur Durchsetzung der nachbarlichen Abwehransprüche für verpflichtet halte, die Beseitigung ohne Prüfung der konkreten Auswirkungen des Verstoßes zu erlassen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.07.2014
Quelle: Verwaltungsgericht Minden/ra-online

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