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Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.12.2015
- 4 O 7000/11 -
Klage einer Intersexuellen wegen unzureichender Aufklärung vor geschlechtsanpassender Behandlung erfolgreich
LG Nürnberg-Fürth bejaht grundsätzlichen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat entschieden, dass einer Intersexuellen, die vor einer Mitte der 90er-Jahre erfolgten geschlechtsanpassenden Behandlung nicht ausreichend über ihre genetische Disposition aufgeklärt wurde, grundsätzlich einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zusteht.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Intersexuelle, die nicht als Klägerin oder Kläger bezeichnet werden wollte (denn gerade darum geht es in diesem Rechtsstreit) warf den Beklagten - dem Universitätsklinikum Erlangen und einem dort tätigen Arzt - nicht nur vor, sie falsch behandelt zu haben. Sie stützt ihre Klage vor allem auch darauf, vor der Behandlung als damals 20-Jährige nicht darüber aufgeklärt worden zu sein, dass sie nicht nur weibliche, sondern auch männliche Geschlechtsanteile hat, also weder Mann noch Frau ist, sondern - so beschreibt sie sich selbst - ein Zwitter. Statt ihr dies mitzuteilen, habe man sie im Rahmen einer geschlechtszuweisenden Therapie mit erheblichen gesundheitlichen Nebenfolgen als Frau behandelt. Damit habe man ihr die Möglichkeit genommen, als Mann therapiert zu werden oder den Zustand ohne eindeutige Geschlechtszuordnung zu belassen. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie in die Behandlung nicht eingewilligt.
Beklagte beruft sich auf ärztliche Lehrbücher und dort empfohlene frühzeitige Zuweisung zu einem Geschlecht
Die Beklagten verteidigen sich unter anderem damit, dass bis Mitte der 90er-Jahre in ärztlichen Lehrbüchern noch eine frühzeitige Zuweisung zu einem Geschlecht empfohlen worden sei und man zum Schutz der psychosexuellen Gesundheit und einer ungestörten Geschlechtsidentität von einer "radikalen" Aufklärung abgeraten habe.
LG erklärt feminisierende Operation für rechtswidrig
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat zwar keinen
Ärzte hätten über Zustand des intersexuellen Genitals aufklären müssen
Die von der Intersexuellen erteilte
Gericht bejaht dem Grunde nach Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz
Der Intersexuellen stehe deshalb gegen das Universitätsklinikum Erlangen dem Grunde nach ein Anspruch auf
Keine Haftung des ausführenden Operateurs
Der mitverklagte ausführende Operateur hingegen hafte nicht dafür, dass die klagende Intersexuelle von anderer Seite bei der Entwicklung des Gesamtbehandlungskonzepts nur unzureichend aufgeklärt worden sei. Die gegen ihn erhobene Klage hat das Gericht deshalb abgewiesen.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.12.2015
Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg/ra-online
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Dokument-Nr. 22035
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