alle Urteile, veröffentlicht am 20.08.2009
Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.04.2009
- V R 3/08 -
BFH zu Mehrmütterorganschaften im Umsatzsteuerrecht
Organschaft muss zur Bildung eines einzigen Unternehmens führen
Umsatzsteuerrechtlich ist es nicht möglich, dass sich Banken oder Krankenhäuser zu einer so genannten Mehrmütterorganschaft zusammenschließen, mit dem Zweck einen Leistungsanbieter zu beherrschen. Dies entschied der Bundesfinanzhof.
Die Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes ermöglicht es, im Umsatzsteuerrecht mehrere Unternehmen zu einem einzigen Steuerpflichtigen zusammenzufassen. Dieser Gruppenbesteuerung kommt als Gestaltungsinstrument große Bedeutung zu, wenn Unternehmen nicht oder nur beschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Bezieht z.B. eine Bank oder ein Krankenhaus allgemeine Datenverarbeitungs- oder Verwaltungsleistungen von einem fremden Leistungsanbieter, unterliegen diese Leistungen dem Regelsteuersatz, wobei für die Bank oder das Krankenhaus im Regelfall keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht. Ist die Bank oder das Krankenhaus demgegenüber... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.07.2009
- L 2 SO 2529/09 Er-BL 2 SO 2529/09 Er-B und L 7 SO 2453/09 ER-B -
Hartz IV: Beiträge für private Krankenversicherung müssen vom Grundsicherungsträger gezahlt werden
Versicherten kann nicht zugemutet werden, gesetzgeberische Unzulänglichkeit auszugleichen
Sind Sozialhilfeempfänger privat krankenversichert, muss der Sozialhilfeträger auch die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung übernehmen. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
Bislang hatten die zuständigen Träger die Beiträge "gedeckelt" und nur die Kosten übernommen, die für einen gesetzlich versicherten Bezieher von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) anfallen. Auf dem Differenzbetrag blieben die Sozialhilfeempfänger sitzen.Diese Praxis finde im Gesetz keine Stütze, entschieden nun das Landessozialgericht Baden-Württemberg. Dem Gesetzgeber... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.08.2009
- 2 BvR 941/08 -
Video-Aufzeichnung bei Verkehrskontrollen nur mit eindeutiger gesetzlicher Grundlage zulässig
BVerfG zur Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
Der Erlass zur Überwachung des Sicherheitsabstandes mittels Videoüberwachung des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern stellt keine geeignete Grundlage für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.
Im Januar 2006 wurde auf der BAB 19 in Fahrtrichtung Rostock von der Ordnungsbehörde eine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt. Die Videoaufzeichnung erfolgte mit dem Verkehrskontrollsystem Typ VKS. Dem Beschwerdeführer, der an diesem Tag mit seinem Pkw auf dieser Strecke fuhr, wird vorgeworfen, er habe bei km 98,6 fahrlässig die zulässige Höchstgeschwindigkeit (100 km/h)... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 12.08.2008
- I-24 U 44/08 -
Fußbodenschäden: Mieter muss Vermieter auf Schäden an der Mietsache hinweisen
Vermieter kann Defizite am Mietobjekt oft nicht selbst bemerken
Jeder Mieter hat einen Anspruch auf einen benutzbaren und verkehrssicheren Zustand der gemieteten Räume. Allerdings gehört es nicht zur Pflicht des Vermieters, Defizite selbst zu bemerken. Diese müssen ihm vom Mieter selbst gemeldet werden, wie aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hervorgeht.
Im zugrunde liegenden Fall ging es um Risse in den Bodenplatten eines Gewerberaumes (hier: Teppichbodenlagerverkauf), das von einem Ehepaar angemietet wurde. Dieser Schaden war auch kaum zu übersehen und stellte damit eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Jederzeit konnte über diese Risse jemand stolpern, was dann auch tatsächlich geschah. Eine Frau verletzte sich. Aus diesem Grunde... Lesen Sie mehr
Amtsgericht Duisburg, Urteil vom 04.09.2008
- 33 C 1392/08 -
Reisepreisminderung bei nicht funktionierender Klimaanlage im Speisesaal
Darlegungs- und Beweislast liegt im Falle eines Reisemangels beim Urlauber - Anforderungen dürfen nicht überspannt werden
Gibt es im Hotel einen Reisemangel, so liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Urlauber. Er muss mit Hilfe von Fotos oder Zeugen seine Mängel nachvollziehbar untermauern können. Dabei darf vom Urlauber nicht zuviel verlangt werden, wie aus einem Urteil des Amtsgerichts Duisburg hervorgeht.
Im zugrunde liegenden Fall ging es um einen Urlauber, der eine Reisepreisminderung u.a. für eine nicht funktionierende Klimaanlage im Speisesaal durchsetzten wollte. Auf Grund der nicht funktionsfähigen Klimaanlage herrschten im Speisesaal Temperaturen über 30 Grad. Die Höhe der Temperatur spielte in diesem Fall aber keine große Rolle. Denn im gebuchten Reiseangebot sicherte der Reiseveranstalter... Lesen Sie mehr
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009
- 10 S 1499/09 -
Fahrtenbuchauflage: Behörde muss Kfz-Halter gegebenenfalls auch als Zeugen vernehmen
Behörde muss sämtliche möglichen Schritte zur Feststellung des Fahrzeugführers unternehmen
Eine Bußgeldbehörde darf sich vor der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage nicht immer darauf beschränken, den Halter des Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, nur als Betroffenen anzuhören. Sie kann auch verpflichtet sein, den Halter als Zeugen zu vernehmen. Dies entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Wüttemberg.
Mit dem PKW der Antragstellerin war die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträchtlich überschritten worden. Das hinreichend deutliche Geschwindigkeitsmessfoto zeigt einen Mann als Fahrer. Die Bußgeldstelle des Landratsamts Heidenheim hörte die Antragstellerin gleichwohl ausschließlich als Betroffene (als mutmaßliche Täterin) an. Im Anhörungsschreiben war davon die Rede, dass ihr eine... Lesen Sie mehr
Bundessozialgericht, Urteil vom 20.08.2009
- B 14 AS 45/08 R -
Grundsicherungsträger muss Leistungen für Erstausstattungen einer Wohnung auch nach vorherigem Verzicht auf die Anschaffung einer Wohnungseinrichtung übernehmen
Leistungen dürfen nicht nur als Darlehen gewährt werden
Verzichtet ein Empfänger von Hatz IV-Leistungen beim Einzug in eine neue Wohnung zunächst auf eine Grundausstattung in Form von Möbeln und Teppichboden und meldet diesen Grundbedarf erst einige Jahre später an, muss der Grundsicherungsträger auch dann noch diese Einrichtung als Zuschuss oder als Sachleistungen gewähren. Dies entschied das Bundessozialgericht.
Der im Jahre 1966 geborene Kläger bezog im Dezember 2003 eine 42 Quadratmeter große Wohnung in Berlin. Zu diesem Zeitpunkt und weiter bis zum 31. Dezember 2004 erhielt er Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III, ab dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Hartz IV). Erst im November 2005 beantragte er bei dem Grundsicherungsträger eine Erstausstattung... Lesen Sie mehr