alle Urteile, veröffentlicht am 29.02.2024
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 15.01.2024
- 1 Vollz 593/23 -
Bestandsschutz für Nutzung eines MP3-Players im Maßregelvollzug bei Wechsel der Einrichtung
In früherer Einrichtung gebildetes Vertrauen muss berücksichtigt werden
Hat sich in einer Einrichtung des Maßregelvollzugs ein derartiges Vertrauen zu dem Untergebrachten entwickelt, dass er einen MP3-Player nutzen darf, so ist dieser Vertrauens- bzw. Bestandsschutz bei einem Wechsel der Einrichtung zu berücksichtigen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2014 wurde gegen einen Mann durch Urteil des Landgerichts Bonn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Bis Mai 2023 befand er sich in einer Einrichtung, in der er wegen eines gebildeten Vertrauens einen MP3-Player nutzen durfte. Nach dem Wechsel in eine andere Einrichtung wurde ihm diese Nutzung aufgrund von Sicherheitsrisiken verwehrt. Den dagegen gerichteten Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung wies das Landgericht zurück. Nunmehr hatte das Oberlandesgericht Hamm eine Entscheidung zu treffen.Das Oberlandesgericht Hamm schloss... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 22.02.2024
- C-491/21 -
Anspruch auf Personalausweis trotz Wohnsitzes im EU-Ausland
EuGH unterstreicht Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU
Es verstößt gegen Unionsrecht, wenn ein Mitgliedstaat einem seiner Staatsangehörigen die Ausstellung eines als Reisedokument geltenden Personalausweises zusätzlich zu einem Reisepass allein deshalb verweigert, weil er seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat. Dies hat der EuGH entschieden.
Ein rumänischer Rechtsanwalt hat seinen Wohnsitz seit 2014 in Frankreich und übt seine beruflichen Tätigkeiten sowohl in Frankreich als auch in Rumänien aus. Im Jahr 2017 beantragte er bei den rumänischen Behörden die Ausstellung eines einfachen oder elektronischen Personalausweises, der ein Reisedokument darstellt, mit dem er nach Frankreich reisen kann. Dieser Antrag wurde mit der... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2024
- XII ZB 385/23 -
Umgang mit Kind darf nicht an Geldzahlungen geknüpft sein
Umgangsvereinbarung "Geld gegen Kinder" ist sittenwidrig
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Elternvereinbarung zum persönlichen Umgang mit dem Kind nicht unter Umgehung einer gerichtlichen Kindeswohlkontrolle durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe oder einer vertragsstrafenähnlichen Klausel erzwingbar gemacht werden kann.
Die Antragstellerin ist peruanische Staatsgehörige. Aus ihrer 2002 geschlossenen Ehe mit dem Antragsgegner, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, sind eine 2007 geborene Tochter und ein 2012 geborener Sohn hervorgegangen. Der letzte gemeinsame Aufenthalt der Ehegatten war in Deutschland, wo der Antragsgegner weiterhin lebt und arbeitet. Die Antragstellerin siedelte 2011 unter... Lesen Sie mehr
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Kammergericht Berlin, Beschluss vom 02.01.2024
- 5 W 140/23 -
Verhängung von Ordnungsmitteln wegen Verstoßes gegen Unterlassungsverpflichtung setzt nicht Wiederholungsgefahr voraus
Ordnungsmittel nach § 890 ZPO haben strafähnlichen Sanktionscharakter
Die Verhängung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 ZPO wegen des Verstoßes gegen eine Unterlassungsverpflichtung setzt keine Wiederholungsgefahr voraus. Daher kann ein Ordnungsmittelauch dann verhängt werden, wenn die Zuwiderhandlung zum Zeitpunkt des Antrags nicht mehr vorliegt. Dem Ordnungsmittel kommt ein strafähnlicher Sanktionscharakter zu. Dies hat das Kammergericht Berlin entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2019 wurde die Beklagte vom Landgericht Berlin dazu verurteilt, im Internet die Möglichkeit anzubieten, ein öffentliches, kostenpflichtiges Automatenspiel mit zufallsabhängiger Gewinnmöglichkeit einzugehen. Wegen des Verstoßes gegen diese Unterlassungsverpflichtung beantragte die Klägerin im Februar 2023 die Verhängung eines Ordnungsgeldes.... Lesen Sie mehr
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.10.2023
- II R 34/20 -
Berliner Testament kann bei der Steuer nachteilig sein
Steuerliche Nachteil durch Jastrowsche Klausel nicht zu beanstanden
Setzen Ehegatten in einem sog. Berliner Testament ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kinder aus, die beim Tod des Erstverstorbenen ihren Pflichtteil nicht fordern (sog. Jastrowsche Klausel), kann der überlebende Ehegatte als Erbe des erstversterbenden Ehegatten die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist. Das berechtigte Kind hat den Erwerb des betagten Vermächtnisses bei dem Tod des länger lebenden Ehegatten zu versteuern. Ist das Kind aufgrund der Anordnung des Berliner Testaments auch Schlusserbe nach dem länger lebenden Ehegatten geworden, kann es bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs von dem überlebenden Ehegatten die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Im Streitfall errichteten die Eltern der Klägerin zunächst ein sogenanntes Berliner Testament. Mit diesem in der Praxis häufig vorkommenden Testament setzten sich die Eltern gegenseitig zu Alleinerben ein, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer... Lesen Sie mehr