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Donnerstag, 21. November 2024

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die zehn aktuellsten Urteile, die zum Rechtsgebiet „Opferentschädigungsrecht“ veröffentlicht wurden

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 07.11.2024
- C-126/23 -

Opferentschädigung muss grundsätzlich allen Familienangehörigen offenstehen

Automatischer Ausschluss bestimmter Familienangehöriger des Opfers eines Tötungsdelikts nicht mit EU-Recht vereinbar

Der automatische Ausschluss bestimmter Familienangehöriger des Opfers eines Tötungsdelikts gewährleistet keine „gerechte und angemessene“ Entschädigung Es sind andere Gesichtspunkte als nur die familiären Bindungen zu berücksichtigen, wie das Ausmaß des Schadens, der den ausgeschlossenen Familienangehörigen entstanden ist.

Im Jahr 2018 verurteilte ein italienisches Gericht einen Mann, der seine frühere Partnerin getötet hatte, zur Zahlung einer Entschädigung an die Familienangehörigen des Opfers. Da der Täter des Tötungsdelikts zahlungsunfähig war, zahlte der italienische Staat die Entschädigung. Sie war allerdings niedriger als die ursprüngliche Entschädigung und wurde nur den Kindern des Opfers und seinem Ehepartner gewährt, von dem das Opfer seit Jahren getrennt gelebt hatte. Die Eltern, die Schwester und die Kinder des Opfers erhoben beim Gericht Venedig (Italien) Klage auf eine „gerechte und angemessene“ Entschädigung, die den ihnen durch das Tötungsdelikt entstandenen... Lesen Sie mehr

Sozialgericht München, Urteil vom 02.02.2024
- S 31 VG 26/23 -

Mann tötet Lebensgefährtin – und verlangt Entschädigung

Keine Opferentschädigung für den Täter

Wer in vermeintlicher Notwehr einen anderen Menschen tötet, kann keine Opferentschädigung für die psychischen Folgen dieser Tötung verlangen. Dies hat das Sozialgericht München entschieden.

Die Lebensgefährtin des Klägers litt an einer psychotischen Störung. In ihrem Wahn hatte sie den schlafenden Kläger mit einer vollen Glasflasche mehrfach auf den Kopf geschlagen und ihm dadurch erhebliche Verletzungen zugefügt. Nach einem Abwehrkampf konnte der Kläger die Angreiferin in den "Schwitzkasten" nehmen, wo sie nach nur wenigen Sekunden das Bewusstsein verlor. Trotzdem hielt... Lesen Sie mehr

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2023
- L 6 VG 2379/22 -

Trotz Vorliegen einer Notwehrlage besteht kein Anspruch auf Opferentschädigung bei leichtfertiger Selbstgefährdung

Entgegenstellen eines erkennbar aggressiven und bewaffneten Mannes als leichtfertige Selbstgefährdung

Bei Vorliegen einer leichtfertigen Selbstgefährdung besteht gemäß § 2 Abs. 1 OEG kein Anspruch auf eine Opferentschädigung. Dabei ist unerheblich, ob ein Notwehrrecht besteht. Wer alleine bei Nacht die geschützte Wohnung verlässt, um sich einem aggressiven und bewaffneten Mann entgegenzustellen, handelt leichtfertig. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall klagte im Jahr 2022 eine 53-jährige Frau vor dem Sozialgericht Karlsruhe auf Zahlung einer Opferentschädigung. Hintergrund dessen war ein Vorfall in einer Nacht im Juli 2019. Die Klägerin befand sich in ihrer Erdgeschosswohnung als sie draußen auf der Terrasse Geräusche wahrnahm. Sie öffnete daraufhin die Rollläden und sah einen Mann. Sie öffnete die Terrassentür... Lesen Sie mehr

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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2023
- L 6 VG 1744/23 -

Keine Opferentschädigung für verletzten Ladendetektiv

Eigenes Verhalten des Opfers kann Anspruch auf Entschädigung entgegenstehen

Ein Ladendetektiv, der sich selbst leichtfertig in Gefahr bringt und dabei verletzt wird, hat einem Urteil zufolge keinen Anspruch auf sogenannte Opferentschädigung. Ein Detektiv scheiterte mit einer entsprechenden Klage vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg.

Der Kläger, ein Ladendetektiv, wollte – nach Ende seiner Tätigkeit – in einem Lebensmittelmarkt in Biberach an der Riß zwei junge Männer am Betreten des Marktes kurz vor Ladenschluss hindern. Diese verließen trotz seiner Anweisungen den Eingangsbereich des Marktes nicht. Der Ladendetektiv geriet zunächst in eine verbale Auseinandersetzung mit einem der beiden Jugendlichen, dem späteren... Lesen Sie mehr

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2022
- L 6 VG 1148/22 -

Keine Opferentschädigung bei provozierendem Verhalten des Opfers

Opfer setzt Ursache des aggressiven Verhaltens selbst

Ein Anspruch auf Opferentschädigung entfällt aus Billigkeitsgründen, wenn das Opfer selbst durch provozierendes Verhalten eine aggressive Reaktion hervorgerufen hat. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2019 beantragte eine Ehefrau beim Regierungspräsidium Stuttgart die Gewährung einer Opferentschädigung. Als Grund gab sie einen Vorfall an, bei dem sich ihr Ehemann aggressiv Verhalten habe, nachdem sie ihn auf seine vermeintliche psychische Erkrankung angesprochen hatte. Er habe sie angebrüllt, dass er nicht psychisch krank sei und... Lesen Sie mehr

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Bundessozialgericht, Urteil vom 10.06.2021
- B 9 V 1/20 R -

Keine geringere Opferentschädigung bei Zahlung einer privaten Unfallrente

Private Unfallrente mindert nicht schädigungs­bedingten Einkommensverlust für Gewaltopfer

Eine private Unfallrente mindert nicht den schädigungs­bedingten Einkommensverlust nach einem tätlichen Angriff und damit auch nicht die Opferentschädigung, solange die private Unfallrente nicht mit Einkünften aus einer früheren Erwerbstätigkeit des Opfers erwirtschaftet wurde. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.

Die Klägerin war als kaufmännische Sachbearbeiterin in Vollzeit beschäftigt. Am Neujahrsmorgen 2010 wurde sie Opfer einer Gewalttat durch einen alkoholisierten Angreifer. Für den schädigungsbedingten Einkommensverlust erhielt die Klägerin Berufsschadensausgleich. Der Beklagte berücksichtigte beim Berufsschadensausgleich als anzurechnendes Einkommen eine Unfallrente aus einer privaten... Lesen Sie mehr

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.12.2020
- L 10 VE 79/17 -

Anspruch Opferentschädigung für Schockschaden nach Axtmord

Sekundäropfer in den Schutzbereich des Opfe­rentschädigungs­rechts einzubeziehen

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass ein Schockschaden und eine Opferrente auch Jahre nach dem Verbrechen anerkannt werden können.

Geklagt hatte eine Frau aus Bremen. Ihr Vater war zu Weihnachten 2004 von ihrem psychisch kranken Bruder mit der Axt erschlagen worden. Zu dieser Zeit war sie im Urlaub auf Lanzarote und erhielt am Heiligen Abend den Anruf mit der Nachricht vom Vatermord. Durch den Anruf erlitt sie einen schweren Schock mit Blackout, ging aber nicht zum Arzt. Erst sechs Jahre später beantragte sie eine... Lesen Sie mehr

Bundessozialgericht, Urteil vom 24.09.2020
- B 9 V 3/18 -

BSG: Opferentschädigung bei Alkoholmissbrauch der Mutter in Schwangerschaft

Anspruch auf Opferentschädigung setzt versuchten Schwangerschafts­abbruch voraus

Opferentschädigung kann nur verlangen, wer vor der Geburt durch den fortgesetzten Alkoholmissbrauch seiner Mutter in der Schwangerschaft dadurch geschädigt wird, dass die Grenze zum kriminellen Unrecht überschritten wird, der Alkoholmissbrauch also auf einen versuchten Abbruch der Schwangerschaft gerichtet ist. Dies hat das Bundes­sozialgerichts entschieden.

Die Klägerin ist wegen einer globalen Entwicklungsverzögerung bei Alkohol-Embryopathie schwerbehindert. Sie beantragte im Jahre 2009 erfolglos Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz, weil sie durch ein fetales "Alkohol-Syndrom" aufgrund des Alkoholkonsums ihrer leiblichen Mutter in der Schwangerschaft geschädigt worden sei. Die Vorinstanzen haben die Klage nach Vernehmung... Lesen Sie mehr

Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 02.07.2018
- 8 K 2202/17 -

Von der SS verschleppte Kinder haben keinen Anspruch auf Entschädigung

Richtlinien über Härteleistungen an Opfer von NS-Unrechtsmaßnahmen sieht keine Entschädigung für zwangsweise "Germanisierung" vor

Das Verwaltungsgericht Köln hat entschieden, dass in der Zeit des Nationalsozialismus von der SS verschleppte Kinder keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Entschädigung haben.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden in den im Zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten (unter anderem auch Polen) Kinder ihren Eltern von der SS weggenommen. In den sogenannten "Lebensborn-Heimen" wurden die "geraubten Kinder" unter Verschleierung ihrer wahren Identität untergebracht und später in deutsche Familien vermittelt. Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens wurde... Lesen Sie mehr

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2017
- L 6 VG 6/17 -

Sexueller Missbrauch: Gericht spricht Vergewaltigungs­opfer nach "Deal" zugunsten des Täters im Strafverfahren Beschädigtenrente zu

"Deal" kann bei Gewaltopfer als weiteres traumatisierendes Erlebnis Gesundheitsstörung auslösen

Ein gesetzeskonformer "Deal" im Strafverfahren zugunsten eines Straftäters kann für das Opfer einer Gewalttat als weiteres traumatisierendes Erlebnis eine Gesundheitsstörung auslösen, die als Folgeschaden der Tat anzuerkennen ist. Mit dieser Begründung haben die Richterinnen und Richter des Landes­sozial­gerichts Baden-Württemberg einem Vergewaltigungs­opfer eine Rente nach dem Opfer­entschädigungs­gesetz zugesprochen.

Die zum Tatzeitpunkt 31jährige Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens litt bereits seit längerer Zeit an einer psychischen Erkrankung, als sie im Oktober 2010 in Ludwigsburg nachts auf dem Heimweg von einer Gaststätte vergewaltigt wurde. Der Täter nutzte dabei einen Asthma-Anfall der Frau aus, um ihren Widerstand zu brechen. Sie litt in der Folge unter Angstzuständen und Panikattacken.... Lesen Sie mehr