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alle Urteile, veröffentlicht am 05.04.2017

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2017
- 4 StR 422/15 -

BGH zum Fahrlässigkeitsvorwurf beim Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter Cannabiswirkung

Schlussfolgerungen der Tatrichter bei THC-Konzentration im Blut

Ein Tatrichter kann auch in Fällen, in denen eine Kraftfahrzeugfahrt nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem vorausgegangenem Cannabiskonsum erfolgt, allein aus der Feststellung der entsprechenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten schließen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Zwischen den Oberlandesgerichten war bislang streitig, unter welchen Voraussetzungen der Tatrichter aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml mindestens erreichenden THC-Konzentration im Blut eines Fahrzeugführers ein objektiv und subjektiv sorgfalts- und damit fahrlässig ordnungswidriges Verhalten im Sinne des § 24 a Abs. 2 und 3 StVG folgern darf.Auf Vorlage des Oberlandesgerichts Oldenburg hat der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden, dass ein Kraftfahrer nach vorausgegangenem bewussten Konsum von Cannabis verpflichtet ist, vor Antritt der Fahrt durch gehörige Selbstprüfung - soweit erforderlich - nach... Lesen Sie mehr

Landgericht Berlin, Beschluss vom 10.01.2017
- 67 S 408/16 -

Übernahme von Mietschulden "nach aktuellem Stand": Keine ausreichende Ver­pflichtungs­erklärung des Jobcenters

Mieterin zur Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie zur Zahlung rückständiger Miete verurteilt

Erklärt das Jobcenter, die Mietschulden einer Wohnungsmieterin "nach aktuellem Stand" zu übernehmen, so stellt dies keine ausreichende Ver­pflichtungs­erklärung einer öffentlichen Stelle im Sinne von § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB dar. Die Mieterin kann daher erfolgreich auf Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie zur Zahlung der rückständigen Miete verklagt werden. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde eine Wohnungsmieterin aufgrund offener Mietforderungen von ihrem Vermieter gekündigt. Da sich die Mieterin weigerte auszuziehen, erhob der Vermieter Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie auf Zahlung der Mietrückstände. Im anschließenden Prozess legte die Mieterin eine Erklärung des Jobcenters vor, wonach es sich zur Übernahme der Mietschulden... Lesen Sie mehr

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2011
- 8 U 106/10 -

Regelung in Erwerbsvertrag zur Erteilung einer unwiderruflichen Vollmacht zur Abnahme von Ge­meinschafts­eigentum durch von Bauträger benannten Sachverständigen unzulässig

Unangemessene Benachteiligung der Erwerber des Wohneigentums

Enthält ein Erwerbsvertrag eine Regelung in den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen, wonach der Erwerber von Wohneigentum einen vom Bauträger benannten Sachverständigen eine unwiderrufliche Vollmacht zur Abnahme des Ge­meinschafts­eigentums erteilt, so benachteiligt diese den Erwerber unangemessen und ist daher unwirksam. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Bauträgerin in den Jahren 1999 und 2000 eine Wohnungseigentumsanlage errichtet. Neun Jahre später klagte die Wohnungseigentümergemeinschaft im Auftrag mehrerer Wohnungseigentümer gegen die Bauträgerin auf Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung von Mängeln im Dachbereich. Die Bauträgerin hielt den Anspruch für verjährt und verwies auf eine... Lesen Sie mehr

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Bundessozialgericht, Urteil vom 04.04.2017
- B 11 AL 19/16 R und B 11 AL 5/16 R -

BSG zur Sperrzeit bei fehlenden Eigenbemühungsnachweisen

Arbeitsagentur muss "Gegenleistung" zusagen

Eine Sperrzeit bei fehlendem Nachweis von Eigenbemühungen mit der Folge eines Wegfalls des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für die Dauer von zwei Wochen tritt auch dann ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen lediglich nicht nachgewiesen hat. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass in der Eingliederungsvereinbarung im Gegenzug auch bereits vermittlungsunterstützende Leistungen (Übernahme von Bewerbungskosten, Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen) zugesagt worden sind. Dies hat das Bundessozialgericht in zwei Revisionsverfahren bekanntgegeben.

Im ersten Verfahren war für den arbeitslosen Kläger in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegt worden, dass er sich fünfmal im Monat um Stellen bewerben müsse. Die Bewerbungsaktivitäten sollten jeweils anhand einer Liste dokumentiert und bis zum Monatsende bei der Arbeitsagentur per Post eingereicht werden.Die Arbeitsagentur sagte in der Vereinbarung Leistungen... Lesen Sie mehr

Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 01.12.2015
- 1 B 95/15 -

Islamisches Kulturzentrum darf von Innenminister des Landes Bremen als "salafistisch" bezeichnet werden

Keine diffamierende oder verfälschende Darstellung des Islams durch Begriff des "Salafismus"

Der Innenminister des Landes Bremen darf das Islamische Kulturzentrum Bremen als "salafistisch" bezeichnen, da durch den Begriff des "Salafismus" der Islam weder diffamierend noch verfälschend dargestellt wird. Dies hat das Ober­verwaltungs­gericht Bremen entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Islamische Kulturzentrum Bremen stand seit seiner Gründung im Jahr 2003 unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Im Februar 2015 kam es aufgrund von Hinweisen auf einen möglichen terroristischen Anschlag in Bremen zu einer - im Nachhinein festgestellten rechtswidrigen - Durchsuchung der Räumlichkeiten des Kulturzentrums. Im März 2015... Lesen Sie mehr

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Landgericht Berlin, Urteil vom 02.12.2016
- 65 S 121/16 -

Käufer einer vermieteten Wohnung kann vom Verkäufer zur Stellung einer Mieterhöhung im eigenen Namen ermächtigt werden

Mieterhöhung "im Namen des Eigentümers" unschädlich

Der Käufer einer vermieteten Wohnung kann vom Verkäufer ermächtigt werden, schon vor der Eigentums­umschreibung im Grundbuch im eigenen Namen ein Miet­erhöhungs­verlangen zu stellen. Dabei ist es unproblematisch, wenn der Käufer "im Namen des Eigentümers" die Mieterhöhung geltend macht. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es zum Verkauf einer vermieteten Wohnung. Noch vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch stellte die Käuferin ein Mieterhöhungsverlangen. Dazu wurde sie von der Verkäuferin ausdrücklich ermächtigt. Die Mieter der Wohnung hielten das Mieterhöhungsverlangen für unwirksam, da die Käuferin noch nicht Eigentümerin der Wohnung war. Nachfolgend erhob die... Lesen Sie mehr

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.02.2017
- 1 BvR 2973/14 -

Schmähkritik: Falsche Einordnung verkürzt grundrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit

Gesamtumstände müssen berücksichtigt werden

Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik von Verfassungs wegen eng zu verstehen. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Die Annahme einer Schmähung hat wegen des mit ihr typischerweise verbundenen Unterbleibens einer Abwägung gerade in Bezug auf Äußerungen, die als Beleidigung beurteilt werden, ein eng zu handhabender Sonderfall zu bleiben. Dies hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden und damit einer Verfassungsbeschwerde gegen die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Beleidigung stattgegeben.

Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer Versammlungsleiter einer ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration aus dem rechten Spektrum in Köln. Die Demonstration stieß auf zahlreiche Gegendemonstranten. Unter diesen war auch ein Bundestagsabgeordneter der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor Ort, um die Durchführung des Aufzuges aktiv zu verhindern. Er bezeichnete die Teilnehmer der Demonstration... Lesen Sie mehr