die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „Opferentschädigung“ veröffentlicht wurden
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 07.11.2024
- C-126/23 -
Opferentschädigung muss grundsätzlich allen Familienangehörigen offenstehen
Automatischer Ausschluss bestimmter Familienangehöriger des Opfers eines Tötungsdelikts nicht mit EU-Recht vereinbar
Der automatische Ausschluss bestimmter Familienangehöriger des Opfers eines Tötungsdelikts gewährleistet keine „gerechte und angemessene“ Entschädigung Es sind andere Gesichtspunkte als nur die familiären Bindungen zu berücksichtigen, wie das Ausmaß des Schadens, der den ausgeschlossenen Familienangehörigen entstanden ist.
Im Jahr 2018 verurteilte ein italienisches Gericht einen Mann, der seine frühere Partnerin getötet hatte, zur Zahlung einer Entschädigung an die Familienangehörigen des Opfers. Da der Täter des Tötungsdelikts zahlungsunfähig war, zahlte der italienische Staat die Entschädigung. Sie war allerdings niedriger als die ursprüngliche Entschädigung und wurde nur den Kindern des Opfers und seinem Ehepartner gewährt, von dem das Opfer seit Jahren getrennt gelebt hatte. Die Eltern, die Schwester und die Kinder des Opfers erhoben beim Gericht Venedig (Italien) Klage auf eine „gerechte und angemessene“ Entschädigung, die den ihnen durch das Tötungsdelikt entstandenen... Lesen Sie mehr
Sozialgericht München, Urteil vom 02.02.2024
- S 31 VG 26/23 -
Mann tötet Lebensgefährtin – und verlangt Entschädigung
Keine Opferentschädigung für den Täter
Wer in vermeintlicher Notwehr einen anderen Menschen tötet, kann keine Opferentschädigung für die psychischen Folgen dieser Tötung verlangen. Dies hat das Sozialgericht München entschieden.
Die Lebensgefährtin des Klägers litt an einer psychotischen Störung. In ihrem Wahn hatte sie den schlafenden Kläger mit einer vollen Glasflasche mehrfach auf den Kopf geschlagen und ihm dadurch erhebliche Verletzungen zugefügt. Nach einem Abwehrkampf konnte der Kläger die Angreiferin in den "Schwitzkasten" nehmen, wo sie nach nur wenigen Sekunden das Bewusstsein verlor. Trotzdem hielt... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2023
- L 6 VG 2379/22 -
Trotz Vorliegen einer Notwehrlage besteht kein Anspruch auf Opferentschädigung bei leichtfertiger Selbstgefährdung
Entgegenstellen eines erkennbar aggressiven und bewaffneten Mannes als leichtfertige Selbstgefährdung
Bei Vorliegen einer leichtfertigen Selbstgefährdung besteht gemäß § 2 Abs. 1 OEG kein Anspruch auf eine Opferentschädigung. Dabei ist unerheblich, ob ein Notwehrrecht besteht. Wer alleine bei Nacht die geschützte Wohnung verlässt, um sich einem aggressiven und bewaffneten Mann entgegenzustellen, handelt leichtfertig. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall klagte im Jahr 2022 eine 53-jährige Frau vor dem Sozialgericht Karlsruhe auf Zahlung einer Opferentschädigung. Hintergrund dessen war ein Vorfall in einer Nacht im Juli 2019. Die Klägerin befand sich in ihrer Erdgeschosswohnung als sie draußen auf der Terrasse Geräusche wahrnahm. Sie öffnete daraufhin die Rollläden und sah einen Mann. Sie öffnete die Terrassentür... Lesen Sie mehr
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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2023
- L 6 VG 1744/23 -
Keine Opferentschädigung für verletzten Ladendetektiv
Eigenes Verhalten des Opfers kann Anspruch auf Entschädigung entgegenstehen
Ein Ladendetektiv, der sich selbst leichtfertig in Gefahr bringt und dabei verletzt wird, hat einem Urteil zufolge keinen Anspruch auf sogenannte Opferentschädigung. Ein Detektiv scheiterte mit einer entsprechenden Klage vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Der Kläger, ein Ladendetektiv, wollte – nach Ende seiner Tätigkeit – in einem Lebensmittelmarkt in Biberach an der Riß zwei junge Männer am Betreten des Marktes kurz vor Ladenschluss hindern. Diese verließen trotz seiner Anweisungen den Eingangsbereich des Marktes nicht. Der Ladendetektiv geriet zunächst in eine verbale Auseinandersetzung mit einem der beiden Jugendlichen, dem späteren... Lesen Sie mehr
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.04.2023
- III R 7/21 -
Anspruch auf Kindergeld trotz Grundrente für nach Gewalttat behindertes Kind
Beschädigtengrundrente steht Gewährung des Kindergeldes nicht entgegen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Grundrente, die das Opfer einer Gewalttat bezieht, nicht zu den Bezügen eines behinderten Kindes zu rechnen ist und steht daher der Gewährung von Kindergeld nicht entgegen.
Der Kläger ist der Vater einer volljährigen Tochter, bei der eine Behinderung vorliegt. Die Tochter wurde Opfer einer Gewalttat und erhielt deshalb eine Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz. Der Kläger bezog für die Tochter wegen der vorliegenden Behinderung auch nach deren Volljährigkeit Kindergeld. Da die Tochter verheiratet ist, berücksichtigte die Familienkasse... Lesen Sie mehr
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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2022
- L 6 VG 1148/22 -
Keine Opferentschädigung bei provozierendem Verhalten des Opfers
Opfer setzt Ursache des aggressiven Verhaltens selbst
Ein Anspruch auf Opferentschädigung entfällt aus Billigkeitsgründen, wenn das Opfer selbst durch provozierendes Verhalten eine aggressive Reaktion hervorgerufen hat. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2019 beantragte eine Ehefrau beim Regierungspräsidium Stuttgart die Gewährung einer Opferentschädigung. Als Grund gab sie einen Vorfall an, bei dem sich ihr Ehemann aggressiv Verhalten habe, nachdem sie ihn auf seine vermeintliche psychische Erkrankung angesprochen hatte. Er habe sie angebrüllt, dass er nicht psychisch krank sei und... Lesen Sie mehr
Bundessozialgericht, Urteil vom 10.06.2021
- B 9 V 1/20 R -
Keine geringere Opferentschädigung bei Zahlung einer privaten Unfallrente
Private Unfallrente mindert nicht schädigungsbedingten Einkommensverlust für Gewaltopfer
Eine private Unfallrente mindert nicht den schädigungsbedingten Einkommensverlust nach einem tätlichen Angriff und damit auch nicht die Opferentschädigung, solange die private Unfallrente nicht mit Einkünften aus einer früheren Erwerbstätigkeit des Opfers erwirtschaftet wurde. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.
Die Klägerin war als kaufmännische Sachbearbeiterin in Vollzeit beschäftigt. Am Neujahrsmorgen 2010 wurde sie Opfer einer Gewalttat durch einen alkoholisierten Angreifer. Für den schädigungsbedingten Einkommensverlust erhielt die Klägerin Berufsschadensausgleich. Der Beklagte berücksichtigte beim Berufsschadensausgleich als anzurechnendes Einkommen eine Unfallrente aus einer privaten... Lesen Sie mehr
Bundessozialgericht, Urteil vom 24.09.2020
- B 9 V 3/18 -
BSG: Opferentschädigung bei Alkoholmissbrauch der Mutter in Schwangerschaft
Anspruch auf Opferentschädigung setzt versuchten Schwangerschaftsabbruch voraus
Opferentschädigung kann nur verlangen, wer vor der Geburt durch den fortgesetzten Alkoholmissbrauch seiner Mutter in der Schwangerschaft dadurch geschädigt wird, dass die Grenze zum kriminellen Unrecht überschritten wird, der Alkoholmissbrauch also auf einen versuchten Abbruch der Schwangerschaft gerichtet ist. Dies hat das Bundessozialgerichts entschieden.
Die Klägerin ist wegen einer globalen Entwicklungsverzögerung bei Alkohol-Embryopathie schwerbehindert. Sie beantragte im Jahre 2009 erfolglos Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz, weil sie durch ein fetales "Alkohol-Syndrom" aufgrund des Alkoholkonsums ihrer leiblichen Mutter in der Schwangerschaft geschädigt worden sei. Die Vorinstanzen haben die Klage nach Vernehmung... Lesen Sie mehr
Landgericht Coburg, Urteil vom 26.04.2018
- 21 O 12/17 -
Versicherung muss bei vorsätzlicher Herbeiführung eines Versicherungsfalls nicht zahlen
Versicherungsnehmer kann Schadensersatzzahlungen nach Prügelei nicht von Privathaftpflichtversicherung erstattet verlangen
Das Landgericht Coburg hat entschieden, dass das vorsätzliche Herbeiführung eines Versicherungsfalles zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anlässlich einer "Himmelfahrts-Wanderung" hatte der Kläger mit seinem Bierglas einem anderen Mann eine Schnittwunde am Kopf zugefügt. Das Strafverfahren gegen den Kläger war gegen Zahlung einer Geldauflage in mittlerer vierstelliger Höhe an den Geschädigten eingestellt worden. In zwei weiteren Zivilverfahren hatte sich der Kläger außerdem... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 23.01.2018
- 26 U 76/17 -
"Neulandmethode": Operation mit neuer, noch nicht allgemein eingeführter Methode erfordert besondere Aufklärung
Operation ohne Aufklärung über mögliches Auftreten bisher unbekannter Risiken kann Schadensersatzansprüche begründen
Die Einwilligung einer Patientin in eine Operation mit einer neuen, noch nicht allgemein eingeführten Methode (Neulandmethode) ist unwirksam, wenn die Patientin nicht besonders darauf hingewiesen wird, dass es sich um ein neues Verfahren handelt, bei dem auch unbekannte Risiken auftreten können. Die mit einer unwirksamen Einwilligung vorgenommene Operation ist rechtswidrig und kann Schadensersatzansprüche der Patientin begründen. Dies entschied das Oberlandesgerichts Hamm und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Siegen.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die heute 62 Jahre alte Klägerin aus dem Lahn-Dill-Kreis begab sich im April 2008 in ein Krankenhaus in Siegen, dessen Träger die Beklagte ist. Sie stellte sich wegen einer Belastungsharninkontinenz in der urodynamischen Sprechstunde vor. Der Klägerin wurde nach Diagnosestellung das operative Einbringen eines Netzes vorgeschlagen. Hierbei... Lesen Sie mehr