alle Urteile, veröffentlicht am 30.08.2006
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 05.07.2006
- 2 BvR 626/06; 2 BvR 656/06 -
Anspruch auf Prozesskostenhilfe bei höchstrichterlich noch nicht geklärter Rechtsfrage
Ablehnung wäre Verstoß gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit
Zwei Verfassungsbeschwerden, die die Anforderungen an die Gewährung von Prozesskostenhilfe für unbemittelte Kläger betrafen, hatten vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg.
Die beiden im Jahr 2002 in Deutschland geborenen Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Serbien und Montenegro. Die von ihren jeweiligen Eltern durchgeführten Asylverfahren sind bestandskräftig negativ abgeschlossen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte auch die Asylanträge der Beschwerdeführer ab und forderte unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise auf.Im fachgerichtlichen Verfahren war umstritten, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen war, dass Asylanträge für die Beschwerdeführer gemäß § 14 a Asylverfahrensgesetz als gestellt zu gelten hatten. Die hier maßgeblichen Teile des § 14 a Asylverfahrensgesetz lauten wie folgt:... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.08.2006
- XII ZR 98/04 -
Kinder müssen ihr Vermögen nicht für Pflegekosten der Eltern einsetzen - BGH zum Elternunterhalt
Schonvermögen beim Elternunterhalt in Höhe von 100.000,- EUR
Kinder müssen nicht ihr ganzes Vermögen für die Pflegekosten ihrer Eltern aufwenden, wenn sie es für eine angemessene Lebensführung und für die Altersvorsorge selbst benötigen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Grundsätzlich müssten Kinder zwar für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen (so genannter Elternunterhalt), jedoch gebe es ein Schonvermögen. Die Grenze für dieses Schonvermögen setzte der BGH im vorliegenden Fall auf 100.000,- EUR fest. Zum Schonvermögen könnten Immobilien, Lebensversicherungen, Wertpapiere, Gold, Schmuck und Bargeld gehören.
Die klagende Körperschaft gewährte der Mutter des Beklagten Sozialhilfe, soweit sie die Kosten ihres Aufenthalts in einem Pflege- und Seniorenheim nicht aus eigenem Einkommen decken konnte. In diesem Umfang sind eventuelle Unterhaltsansprüche der Mutter auf die Körperschaft übergegangen.Der Beklagte erzielte in diesem Zeitraum ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.07.2006
- 9 S 519/06 -
Kosmetikerin darf vorläufig weiter "Hautverjüngungsspritze" setzen
Keine plötzliche Untersagung nach fünfjähriger fehlerfreier Ausübung
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass eine Kosmetikerin die von ihr seit mehr als fünf Jahren ohne Beanstandungen ausgeübte Faltenunterspritzung bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren weiterhin ohne Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz durchführen darf, obwohl ihr dies von der zuständigen Ortspolizeibehörde mit Sofortvollzug untersagt worden war.
Das Gericht änderte einen ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Kosmetikerin gegen die Untersagungsverfüng der Stadt Mannheim an.Die Antragstellerin ist Kosmetikerin und bietet als Inhaberin eines Kosmetikbetriebs Faltenunterspritzungen zur Glättung altersbedingter Falten im Gesicht und im Halsbereich... Lesen Sie mehr
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Amtsgericht Köln, Urteil vom 04.07.2006
- 133 C 637/04 -
Lärm im Urlaub: Hotel am Hubschrauberlandeplatz
10 % Reisepreisminderung bei Geräuschbelästigungen durch Helikopterlandeplatz neben Hotel
Einem Madeira-Urlauber wurde vom Amtsgericht Köln eine Reisepreisminderung von 10 % zugesprochen, weil sich neben seinem Hotel ein Hubschrauberlandeplatz befand.
Im Fall erwischte ein Tourist, der auf der Insel Madeira Urlaub machte, ein Hotel, das neben einem Hubschrauberlandeplatz gelegen war. Dieser wurde auch regelmäßig genutzt. Wenn im Prospekt nicht auf den Landeplatz hingewiesen worden ist, dann stellen die dadurch hervorgerufenen Lärmbelästigungen einen Reisemangel dar.Das Amtsgericht Köln hielt eine Reisepreisminderung von 10 % für angemessen.... Lesen Sie mehr
Landgericht Coburg, Beschluss vom 18.05.2006
- 32 S 43/06 -
Rückabwicklung eines Onlinekaufs ist zulässig, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt
Originalausgabe von "Max und Moritz" entpuppte sich als billige Kopie
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Auch dort sind leichtfertige Behauptungen zu vermeiden, insbesondere wenn man Geschäfte machen will. Wer beispielsweise über das Internetauktionshaus eBay Waren feilhält, sollte sich vor leeren Zusagen hüten. Mangelt es dem verkauften Objekt nämlich an einem versprochenen Attribut, ist nicht nur das zunächst schnell verdiente Geld ruck zuck wieder weg. Noch verhängnisvoller für den Warenanbieter kann sich vielmehr der Ansehensverlust auswirken.
Das Amtsgericht Kronach und das Landgericht Coburg verurteilten vor kurzem eine Internethändlerin zur Rückgängigmachung einer Onlineanschaffung. Ihr sich geleimt fühlender Geschäftspartner hatte erwartet, für ca. 1.200 € ein von ihr angepriesenes Originalwerk von Wilhelm Busch ersteigert zu haben. Bekommen hatte der Käufer jedoch nur eine Kopie."Aber wehe, wehe, wehe!... Lesen Sie mehr
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Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2006
- 2 EO 240/06 -
"Führerscheintourismus" - Grenzen bei anzunehmendem Rechtsmissbrauch
Ohne MPU vorerst keine Gültigkeit einer ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland
Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat dem so genannten Führerscheintourismus in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union Grenzen gesetzt: Wer rechtsmissbräuchlich handelt, kann sich nicht auf das Europarecht berufen. Der 2. Senat des Gerichts hat vorläufig die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bestätigt, einem Autofahrer die Nutzung eines in Tschechien erworbenen Führerscheins in Deutschland zu untersagen.
Dem Antragsteller, einem in Thüringen wohnenden Deutschen, war wegen Trunkenheit im Verkehr der Führerschein entzogen worden. Zugleich verhängte das Strafgericht eine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis, die wegen weiterer Verkehrsdelikte des Antragstellers mehrfach verlängert worden war. Eine beantragte Neuerteilung der Fahrerlaubnis nahm der Antragsteller zurück, nachdem ein... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 21.07.2006
- 6 K 5279/03 -
Rückzahlungspflicht bei zu Unrecht bezogenen BAföG-Leistungen
Übertragung von Vermögenswerten auf Verwandte ist rechtsmissbräuchlich
Studenten können sich die Anspruchsberechtigung für BAföG-Leistungen nicht dadurch verschaffen, dass sie vorher ihr Vermögen auf Verwandte übertragen. Dies sei rechtsmissbräuchlich, entschied jetzt das Verwaltungsgericht Münster. Das Gericht urteilte außerdem, ein Pkw stelle entgegen der Verwaltungspraxis verwertbares Vermögen dar, weil ein Auto für die allgemeine Lebensführung eines Studenten nicht notwendig sei.
Seit September 2003 sind beim Verwaltungsgericht Münster schon 171 Verfahren eingegangen, in denen es um die Rückforderung von BAföG-Leistungen geht. Die klagenden Studenten hatten bei der Antragstellung angegeben, über kein Vermögen zu verfügen. Ein Abgleich mit Daten des Bundesamtes für Finanzen im Jahr 2002 brachte dann aber Zinseinnahmen, die auf Freistellungsaufträge entfielen,... Lesen Sie mehr