alle Urteile, veröffentlicht am 18.10.2006
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.10.2006
- XII ZR 79/04 -
Unscheidbarkeit der Ehe kann mit ordre public unvereinbar sein
Beharren auf gescheiterer Ehe verstößt gegen Grundsatz von Schutz der Ehe und Familie
Der Bundesgerichtshof hatte über den Scheidungsantrag einer syrischen Staatsangehörigen zu entscheiden. Beide Parteien, auch der Ehemann ist Syrer, lebten seit Jahren getrennt als Asylbewerber in Deutschland und haben eine jetzt zehnjährige Tochter. Der Ehemann gehört einer katholischen, die Ehefrau der syrisch-orthodoxen Kirche an. Sie waren 1993 in Syrien von einem Priester der chaldäischen Kirche getraut worden.
Die Vorinstanzen hatten die Scheidung abgelehnt, weil für die Parteien nach dem hier anzuwendenden syrischen Recht das Ostkirchenrecht maßgeblich sei, nämlich der 1990 von Papst Johannes Paul II. promulgierte Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO). Danach könne die Ehe nicht geschieden werden. Das sei mit der deutschen Rechtsordnung vereinbar, wie der Bundesgerichtshof 1964 in zwei Entscheidungen bestätigt habe. Denn Art. 6 Abs. 1 GG schütze vor allem die bestehende Ehe.Auf die Revision der Antragstellerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen:... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2005
- VIII ZB 105/04 -
Unterschrift unter Berufungsbegründungschrift muss nicht unbedingt lesbar sein
An der Autorenschaft der Unterschrift darf kein Zweifel bestehen
Eine Berufungsbegründungschrift muss unterschrieben werden. Es kann hierzu allerdings ein Strich und eine gewellte fast gleichförmige Linie ausreichen, wenn an der Autorenschaft des Unterzeichnenden nicht zu zweifeln ist. Die Unterschrift muss nicht lesbar sein. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Im Fall unterzeichnete ein Rechtsanwalt die Berufungsbegründungsschrift mit einem Strich und einer gewellten weitgehend gleichförmigen Linie. Es war dabei kein einziger Buchstabe zu erkennen. Die Gegenseite rügte diese Unterschrift, woraufhin das Gericht dem Anwalt mitteilte, dass dem Berufungsschriftsatz und der Berufungsbegründungsschrift die gemäß § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift... Lesen Sie mehr
Amtsgericht München, Urteil vom 08.02.2006
- 231 C 35774/05 -
Reiserücktritt: Psychiatrische Erkrankung muss durch Facharzt attestiert werden
Versicherung darf Diagnose eines Psychiaters verlangen
Der Kläger buchte für sich und seine Familie eine Reise in die USA. Bei der Beklagten schloss der Kläger eine Reiserücktrittsversicherung ab. Nach den dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen waren psychiatrische Erkrankungen durch Attest eines Facharztes für Psychiatrie nachzuweisen.
Der Kläger erlitt nach seinen Angaben am Abreisetag vor dem Flughafengebäude eine Panikattacke. Der Anblick eines Flugzeuges löste stark beklemmende Gefühle aus. Er erlitt lähmungsähnliche Erscheinungen und war nicht mehr in der Lage sich vom Fahrzeug wegzubewegen bzw. das Flughafengelände zu betreten. Zwei Tage später suchte er einen Internisten auf, dessen Attest er der Versicherung... Lesen Sie mehr
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Finanzgericht Köln, Urteil vom 01.08.2006
- 8 K 4006/03 -
Kinderbetreuungskosten aus dem Jahre 2001 als Werbungskosten absetzbar
Begünstigung bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gilt "ab der ersten Mark"
Zusammenlebende Eltern, die beide erwerbstätig waren, können für das Jahr 2001 Kinderbetreuungskosten "ab der ersten Mark" als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen. Dies hat das Finanzgericht Köln entschieden.
Der Senat stützte sich bei seiner Entscheidung insbesondere auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.3.2005. Danach seien nach dem Gebot der Steuergerechtigkeit erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten neben den Freibeträgen für Kinder unabhängig davon steuerlich zu berücksichtigen, dass die Betreuung von Kindern auch zum Privatbereich gehöre. Diese Rechtsfrage wird von... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2006
- VIII ZR 52/06 -
BGH: Starre Abgeltungsklauseln in Mietverträgen sind unwirksam
"Starre" Fristen und Prozentsätze für Schönheitsreparaturen benachteiligen den Mieter
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass formularvertragliche Abgeltungsklauseln in Wohnraummietverträgen, die sich an "starren" Fristen und Prozentsätzen ausrichten, unwirksam sind, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Formularmäßige Wohnraummietverträge enthalten in der Praxis meist Klauseln, die den Mieter während des laufenden Mietverhältnisses innerhalb bestimmter Fristen zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichten. Der hier vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall betraf eine damit verwandte, in formularmäßigen Wohnraummietverträgen ebenfalls häufig gebrauchte, sogenannte Abgeltungsklausel.... Lesen Sie mehr
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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.10.2006
- 2 AZR 676/05 -
BAG zur Sozialauswahl bei der Zusammenlegung von Niederlassungen
Der Kreis der in eine nach § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmenden Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer bestimmt sich nach ihrer Vergleichbarkeit. Diese bemisst sich zwar in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen. An einer Vergleichbarkeit fehlt es jedoch zwischen Arbeitnehmern, die der Arbeitgeber nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz umsetzen oder versetzen kann. Die Vergleichbarkeit kann grundsätzlich auch nicht dadurch herbeigeführt werden, dass der Arbeitsvertrag eines von einem betrieblichen Ereignis betroffenen Arbeitnehmers erst anlässlich dieses Ereignisses einvernehmlich oder im Wege der Änderungskündigung entsprechend abgeändert wird.
Die Klägerin war bei der Beklagten als Betriebsleiterin der Niederlassung in H. beschäftigt. Die Beklagte unterhält weitere Niederlassungen. Sie beschloss im Jahr 2004 die Auflösung der Niederlassung in R. unter Verlegung eines Teiles der Betriebsmittel nach H. Sie sprach allen dort Beschäftigten gegenüber eine Änderungskündigung mit dem Angebot der Weiterbeschäftigung in H. aus. Dieses Angebot nahmen 4... Lesen Sie mehr
Landgericht Berlin, Urteil vom 18.10.2006
- 22 O 122/06, 22 O 75/06 -
Zwei Klagen gegen den Vertreiber des Schmerzmittels Vioxx® abgewiesen
Weder Schmerzensgeld- noch Auskunftsansprüche
Die 22. Zivilkammer des Landgerichts Berlin hat zwei Klagen gegen den deutschen Vertreiber des Schmerzmittels Vioxx® aufgrund unzureichender Darlegung der Kläger abgewiesen.
In einem Fall verlangte die Klägerin ein Schmerzensgeld von mindestens 80.000 € sowie die Feststellung, dass das beklagte Pharmaunternehmen ihr zukünftige materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen habe. Das Landgericht befand, dass die Klägerin nicht dargelegt habe, dass das Medikament Vioxx® konkret geeignet war, die bei ihr aufgetr-tene Erkrankung hervorzurufen. Ein auf § 84... Lesen Sie mehr
Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 18.10.2006
- 1 Bs 204/06 -
Vermittlungen von privaten Sportwetten können vorläufig verboten werden
OVG Hamburg weist Beschwerden von 17 Sportwettenanbietern zurück
Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat in 17 gleich gelagerten Fällen die Beschwerden von privaten Wettanbietern oder Vermittlern von Sportwetten gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Hamburg zurückgewiesen und entschieden, dass die Vermittlung von Sportwetten an private Wettveranstalter mit sofortiger Wirkung verboten werden darf.
Die Antragsteller betreiben in Hamburg private Annahmestellen für Sportwetten, sog. Oddset-Wetten. Sie hatten bei der Finanzbehörde beantragt, Sportwetten zu feststehenden Gewinnquoten an Anbieter vermitteln zu dürfen, die in einem anderen Staat der EU hierfür eine Konzession besitzen, wie z. B. in Österreich. Die Finanzbehörde hatte diese Anträge abgelehnt und gleichzeitig den Veranstaltern... Lesen Sie mehr