alle Urteile, veröffentlicht am 12.05.2017
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.01.2017
- VIII R 7/13 -
Bloßes Aufgreifen einer Gestaltungsidee rechtfertigt nicht Annahme eines Steuerstundungsmodells
Voraussetzung für Steuerstundungsmodell ist stets Nutzung eines vorgefertigten Konzeptes
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass sich die Annahme eines Steuerstundungsmodells nicht ohne Weiteres aus dem bloßen Aufgreifen einer bekannten Gestaltungsidee ergibt. Sofern ein Anleger eine von ihm selbst oder von seinem Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition umsetzt, handelt es sich mangels vorgefertigten Konzepts nicht um ein solches Steuerstundungsmodell.
Verluste aus sogenannten Steuerstundungsmodellen können nur sehr beschränkt verrechnet werden. Gemäß § 15 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) mindern Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell nur Einkünfte, die der Steuerpflichtige in Folgejahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Eine Verrechnung mit anderen Einkünften ist ausgeschlossen.Im zugrunde ligenden Fall hatte die Steuerpflichtige über die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eine zu 100 % fremdfinanzierte Inhaberschuldverschreibung mit indexbezogener Bonuszinsabrede erworben. Sie hatte hierzu einen Rechtsanwalt beauftragt,... Lesen Sie mehr
Bundessozialgericht, Urteil vom 11.05.2017
- B 3 KR 17/16 R, B 3 KR 6/16 R und B 3 1/16 R -
Eltern haben keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Kopforthese zur Behandlung einer auffälligen Schädelform ihres Säuglings
Kopforthese gehört nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass Krankenkassen die Kosten für die Versorgung von Säuglingen mit einer Kopforthese zur Behandlung einer Schädelasymmetrie beziehungsweise -deformation nicht erstatten müssen. Eine Kostenerstattung scheidet aus, weil die Versorgung mit einer bei der ärztlichen Behandlung eingesetzten Kopforthese nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehört.
Zur Begründung führte das Bundessozialgericht aus, dass schweren Formen der Schädelasymmetrie zwar nicht von vornherein jeder Krankheitswert abgesprochen werden könne. Die Kopforthese sei aber untrennbar mit einer neuen Behandlungsmethode verbunden, die darauf zielt, das Wachstum eines Säuglingskopfes mithilfe eines Helms in eine symmetrische Kopfform zu bringen. Für diese Methode fehle... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2017
- III ZR 92/16 -
Hausnotrufsystem: Grobe Verletzung der Schutz- und Organisationspflichten führt zur Umkehr der objektiven Beweislast
Unternehmen ist zur unverzüglichen Vermittlung angemessener Hilfeleistungen verpflichtet
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob bei grober Verkennung eines akuten medizinischen Notfalls im Rahmen eines Hausnotrufvertrags eine Umkehr der Beweislast zugunsten des geschädigten Vertragspartners eingreift und diese Frage im Ergebnis bejaht.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerinnen sind die Töchter und Erbinnen des während des Berufungsverfahrens verstorbenen vormaligen Klägers (im Folgenden: Kläger). Sie nehmen den Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit einem Hausnotrufvertrag in Anspruch.Der 1934 geborene Kläger und der Beklagte schlossen 2010 einen... Lesen Sie mehr
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Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.03.1996
- VI ZR 12/95 -
BGH zu einem "Herausforderungsfall": Polizeibeamter erhält vom Flüchtigen Schadensersatz aufgrund erlittener Verletzungen bei der Verfolgung
Verfolgtem wird selbstgefährdende Handlung des Verfolgers zugerechnet
Flieht ein Häftling aus einem im ersten Obergeschoss liegenden Fensters und wird er dabei von einem Polizeibeamten verfolgt, so haftet er gemäß § 823 Abs. 1 BGB für die Verletzungen, die der Polizeibeamte aufgrund des Sprungs aus dem Fenster erleidet. Die selbstgefährdende Handlung des Polizeibeamten wird dem Flüchtigen zugerechnet. Es liegt ein sogenannter Herausforderungsfall vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 1990 floh ein Häftling anlässlich eines Gerichtstermins aus dem etwa über vier Meter über dem Erdboden gelegenen Fenster im 1. Obergeschoss des Gerichtsgebäudes. Die anwesenden zwei Polizeibeamten nahmen sofort die Verfolgung auf. Während der eine die Treppe nahm, sprang der andere aus dem Fenster, um sofort die Verfolgung aufnehmen... Lesen Sie mehr
Amtsgericht Wittlich, Urteil vom 25.10.2016
- 4b C 501/15 -
Grundstückseigentümer steht kein Anspruch auf Beseitigung eines nachbarlichen Holzstapels zu
Teilweiser Lichtentzug für Thuja-Hecke muss hingenommen werden
Ist ein direkt an der Grundstücksgrenze errichteter Holzstapel weniger als zwei Meter hoch, so muss dieser nicht entfernt werden. Der 3-Meter-Abstand gemäß § 8 Abs. 6 der Landesbauordnung von Rheinland-Pfalz (LBauO RP) muss nicht beachtet werden. Dies gilt auch dann, wenn der Holzstapel zu einem teilweisen Lichtentzug für eine nachbarliche Thuja-Hecke führt. Dies hat das Amtsgericht Wittlich entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2015 errichtete ein Grundstückseigentümer direkt an der Grenze zum nachbarlichen Grundstück einen Brennholzstapel mit einer Länge von acht Metern. Der Nachbar war damit nicht einverstanden. Er behauptete, dass der Brennholzstapel über zwei Meter hoch sei, und befürchtete, dass durch den Holzstapel seine direkt an der Grundstücksgrenze... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 25.06.2014
- 1 U 107/12 -
Unfallzusatzversicherung muss für tödlichen Unfall aufgrund Sekundenschlafs einstehen
Keine Leistungspflicht bei krankhaft bedingtem Sekundenschlaf
Eine Unfallzusatzversicherung ist zur Todesfallleistung verpflichtet, wenn die versicherte Person aufgrund eines durch Übermüdung bedingten Sekundenschlafs einen tödlichen Unfall erleidet. Eine Leistungspflicht besteht nur dann nicht, wenn der Sekundenschlaf krankheitsbedingt ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2010 erlitt ein Autofahrer nach auffälliger Fahrweise einen tödlichen Unfall. Ein Sachverständiger ermittelte im Anschluss, dass die auffällige Fahrweise mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf einen wiederholten Sekundenschlaf beruhte. Dieser könne mit einer krankhaften nächtlichen Atemregulationsstörung erklärt werden. Eine Hinterbliebene... Lesen Sie mehr
Landgericht Coburg, Urteil vom 13.12.2016
- 23 O 457/16 -
Füße auf sonnenerhitzter Metallplatte verbrannt - Gemeinde haftet für Verbrennungen eines Kindes am Badesee
LG Coburg zur Verkehrssicherungspflicht am Badesee
Das Landgericht Coburg hat eine Gemeinde wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, nachdem sich ein Kind auf einer Metallrampe an dem von der Beklagten als öffentliche Einrichtung betriebenen Badesee die Fußsohlen verbrannt hatte.
Die beklagte Gemeinde des zugrunde liegenden Rechtsstreits betreibt einen Badesee als öffentliche Einrichtung. Der Zugang zu den sanitären Einrichtungen erfolgt über eine Metallrampe. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Vorfalls selbst erst knapp drei Jahre alt und wurde deshalb im Prozess durch ihre Eltern vertreten. Diese behaupteten, die Metallrampe hätte sich durch die Sonneneinstrahlung... Lesen Sie mehr
Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2017
- B 7 AY 1/16 R -
Kürzung von Asylbewerberleistungen auf das "unabweisbar Gebotene" verfassungsrechtlich unbedenklich
Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums darf an Mitwirkungspflichten des Hilfeempfängers geknüpft werden
Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht in § 1 a Nr. 2 in seiner früheren Fassung (wie in der derzeit gültigen Normfassung) die Kürzung der Leistungen auf das "unabweisbar Gebotene" vor und erfasst damit unter anderem Fälle, in denen ein ausreisepflichtiger Leistungsberechtigter bei der Beschaffung eines Passes als Voraussetzung für seine Abschiebung nicht mitwirkt. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass diese Regelung verfassungsrechtlich unbedenklich ist.
Zugrunde lag der Fall eines aus Kamerun stammenden Klägers, dessen Asylantrag bereits im Jahr 2004 abgelehnt worden war, der aber seitdem an der Beschaffung von Passpapieren nicht mitwirkt, obwohl er dazu ausländerrechtlich verpflichtet ist. Allein deshalb konnte die Abschiebung des Klägers noch nicht vollzogen werden. Er hat daher nur Sachleistungen zur Sicherung der physischen Existenz... Lesen Sie mehr