alle Urteile, veröffentlicht am 06.12.2006
Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.06.2006
- I R 97/05 -
"Rücklagenmanagement" zur "Mobilisierung" von Körperschaftsteuerguthaben nicht rechtsmissbräuchlich
Durch die Steuerreform 2001 wurde mit (im Grundsatz) erstmaliger Wirkung vom Veranlagungszeitraum 2001 das System der Besteuerung von Kapitalgesellschaften grundlegend umgestellt. An die Stelle des sog. Anrechnungsverfahrens trat eine Endbesteuerung beim Anteilseigner nach dem sog. Halbeinkünfteverfahren. Um das Körperschaftsteuerguthaben aus dem bisherigen Besteuerungsverfahren möglichst bald einziehen zu können, mussten kurzfristig Ausschüttungen vorgenommen werden. Reichten Gewinn oder Eigenkapital nicht für eine Ausschüttung aus, wurde zur "Mobilisierung" von Körperschaftsteuerguthaben empfohlen, über eine Gesellschaftereinlage handelsrechtlich einen Gewinnausweis zu veranlassen (sog. Leg-ein-Hol-zurück). Um die Liquidität der Gesellschafter zu schonen, wurde diese Maßnahme durch ein Gestaltungsmodell verfeinert, das in der breiten Öffentlichkeit als "Rücklagenmanagement" bekannt geworden ist.
Über ein solches Modell hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass kein Gestaltungsmissbrauch vorliege. Das Steuergesetz werde durch den gewählten Gestaltungsweg nicht in missbräuchlicher Weise umgangen; es werde lediglich genutzt, um einem andernfalls drohenden Verlust der Körperschaftsteuerguthaben entgegenzuwirken. Der Senat erinnerte ausdrücklich daran, dass er die gesetzlichen Übergangsvorschriften vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren in seinem Urteil vom 31. Mai 2005 - I R 107/04 - nur mit Blick auf solche Gestaltungsmöglichkeiten für verfassungsmäßig gehalten habe.Das zu Beurteilung stehende... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.12.2006
- AnwZ 02/06 -
Korrekte Bewerberauswahl für die Wahl neuer Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof
Zwei Rechtsanwälte griffen geheime Wahl für die Zulassung von BGH-Vertretern an - BGH weist Anfechtungsanträge zurück
Der Senat für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs hat auch die zweite von zwei Wahlanfechtungen gegen die am 21. Juni 2006 durchgeführte Wahl von Rechtsanwälten beim Bundesgerichtshof zurückgewiesen.
Vor dem Bundesgerichtshof können sich die Beteiligten in zivilrechtlichen Revisions-, Nichtzulassungsbeschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nur durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, der bei dem Bundesgerichtshof zugelassen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass die Fragen, die der Bundesgerichtshof wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung, zur Sicherung einer einheitlichen... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.10.2006
- VGH O 17/05 -
'Tag der offenen Tür 2005' in rheinland-pfälzischer Staatskanzlei keine unzulässige Öffentlichkeitsarbeit
VGH präzisiert verfassungsrechtliche Grenzen
Die Durchführung des „Tags der offenen Tür“ in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei am 10. September 2005 hat nicht gegen Prinzipien der Landesverfassung zur Zulässigkeit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit verstoßen. Die Veranstaltung bedeutete trotz ihrer Nähe zur Bundestagswahl vom 18. September 2005 auch keine unzulässige Wahl- bzw. Parteienwerbung. Dies stellte der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz fest.
Am 10. September 2005, also acht Tage vor der Bundestagswahl vom 18. September 2005, fand in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz in Mainz ein „Tag der offenen Tür“ statt, zu dem der Ministerpräsident in einem Faltblatt und auf der Homepage des Landes Rheinland-Pfalz einlud. Neben neun Informationsständen zu verschiedenen Sachthemen (u.a. Orden und Ehrenzeichen, Ehrenamt, WM-Büro, Multi-Media-Initiative,... Lesen Sie mehr
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Verwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 17.11.2006
- 5 L 756/06 -
Ausländischer Vater eines deutschen Kindes darf vorläufig bleiben
Abschiebung verstößt gegen Schutz von Ehe und Familie
Ein in Ascheberg lebender Kameruner, der mit einer Deutschen ein 2jähriges Kind hat, darf vorläufig in Deutschland bleiben. Das Verwaltungsgericht Münster verpflichtete per Eilbeschluss die Ausländerbehörde des Kreises Coesfeld, den 31jährigen bis zum 31. März 2007 zu dulden.
Der Mann, der seit 2003 in Deutschland lebt, ist abgelehnter Asylbewerber. Die zuletzt erteilte Duldung war bis zum 28. November 2006 befristet. Mutter und Sohn leben in Neubrandenburg, der Vater wurde der Gemeinde Ascheberg zugewiesen. Sein Antrag auf Umverteilung nach Neubrandenburg scheiterte an der fehlenden Zustimmung der dortigen Stadtverwaltung. Seit Mai 2006 üben die Eltern... Lesen Sie mehr
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 06.12.2006
- L 4 V 24/05 -
Anspruch auf Hinterbliebenenrente auch nach mittelbarer Folge einer Kriegsschädigung
Mann starb an Krankenhausinfektion
Hinterbliebenenrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz stehen Witwen und Witwern von Kriegsversehrten dann zu, wenn der Tod des Ehepartners als Folge der Kriegsverletzung eintritt. Dies gilt auch dann, wenn die eigentliche Todesursache nur mittelbar mit der Kriegsschädigung zu tun hat. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Im aktuellen Fall hatte die Witwe eines 1944 beinamputierten und im Jahr 2000 in einem Wiesbadener Hospital an Lungenentzündung gestorbenen Mannes Hinterbliebenenrente beim Landesversorgungsamt beantragt. Das Land hatte dies abgelehnt, weil der Mann an einer durch eine Krankenhausinfektion hervorgerufenen Pneumonie starb, die nicht unmittelbar auf die Kriegsverletzung zurückzuführen war.... Lesen Sie mehr
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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 06.12.2006
- 3 W 17/06, 3 W 18/06 -
OVG Saarland läßt die Vermittlung von Sportwetten bis zur Beschwerdeentscheidung vorläufig zu
Zwischenentscheidung des Oberverwaltungsgerichts
Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat die sofortige Vollziehbarkeit von zwei Polizeiverfügungen, mit denen den jeweiligen Antragstellern die weitere Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedsstaaten der EU ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter untersagt wird, vorläufig bis zur Entscheidung in den Beschwerdeverfahren ausgesetzt.
Das Oberverwaltungsgericht hält die erstinstanzlichen Entscheidungen, die von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der betreffenden Verfügungen ausgehen, insbesondere unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten im Beschwerdeverfahren für näher überprüfungsbedürftig. Es hat daher das Interesse der Antragsteller, bis zur Beschwerdeentscheidung von einer zwangsweisen Durchsetzung der... Lesen Sie mehr
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.12.2006
- 4 AZR 798/05 -
Sozialplan-Tarifvertrag: Keine Abfindung bei Kündigungsschutzklage
Maßregelungsverbot nicht verletzt
In einem Tarifvertrag kann vereinbart werden, dass der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung zahlt, sofern der Arbeitnehmer gegen die Kündigung nicht die Kündigungsschutzklage erhebt. Tut er es dennoch, hat er keinen Anspruch mehr auf die Abfindung. Das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts hervor.
Tarifvertragsparteien sind frei, im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit einen Tarifvertrag zu vereinbaren, der die sozialen und wirtschaftlichen Folgen einer Betriebsteilschließung für die davon betroffenen Arbeitnehmer ausgleicht oder mildert. Hieran sind sie durch die etwa von Rechts wegen eröffnete Möglichkeit des Betriebsrats oder Personalrats und des Arbeitgebers, einen Sozialplan... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 06.12.2006
- 11 B 8056/06 -
Wochenmarktvergabe nach dem Prioritätsprinzip rechtswidrig
Marktbeschicker mit Eilantrag erfolgreich
Stände auf einem Wochenmarkt dürfen nicht nach dem Prioritätsprinzip vergeben werden. Das hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden und dem Eilantrag eines Mitbewerbers um die Vergabe des Wochenmarktes in Springe stattgegeben.
Die Stadt Springe hat den Wochenmarkt, der in Springe jeweils Dienstags und Freitags am Vormittag auf dem Marktplatz stattfindet, an einen Bewerber unter Zugrundelegung des sog. Prioritätsprinzips vergeben. Dagegen wandte sich ein Mitbewerber, der den entsprechenden gewerberechtlichen Antrag später gestellt hatte.Das Gericht hat seinem Begehren stattgegeben, weil die Gemeinde... Lesen Sie mehr
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 06.12.2006
- 5 UE 3545/04 -
Pauschal erhöhter Steuersatz für sog. Kampfhunde in Frankfurt am Main unzulässig
Hundesteuersatz verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Festsetzung einer erhöhten Hundesteuer durch die Stadt Frankfurt am Main aufgehoben.
Geklagt hat der ehemalige Besitzer eines - zwischenzeitlich gestorbenen - Hundes der Rasse American Staffordshire. Aufgrund der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung einer Hundesteuer im Gebiet der Stadt Frankfurt am Main ist die Steuer für Hunde dieser Rasse - sowie für andere sog. Kampfhunde-Rassen - von 180,00 DM (90,00 €) auf 1.800,00 DM (900,00 €) erhöht... Lesen Sie mehr