alle Urteile, veröffentlicht am 29.06.2010
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.04.2010
- V R 09/09 -
BFH ändert Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft
Kommanditgesellschaft muss ihre gegenüber einer Schwestergesellschaft erbrachten Leistungen versteuern
Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft (Konzernbesteuerung) geändert. Das Urteil betrifft die in der Praxis häufig anzutreffende Fallkonstellation der Betriebsaufspaltung zwischen Schwestergesellschaften, die nach dem jetzigen Urteil des Bundesfinanzhofs keine Organschaft bilden.
Bei der Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls handelte es sich um eine Kommanditgesellschaft, die eine Reihe von entgeltlichen Leistungen an ihre Schwestergesellschaft, eine GmbH, erbrachte. Die GmbH betrieb Alten- und Pflegeheime und führte dabei steuerfreie Leistungen aus, so dass für sie keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestand. An der Kommanditgesellschaft und der GmbH waren drei Gesellschafter zu jeweils 1/3 beteiligt. Die Kommanditgesellschaft ging davon aus, dass zwischen ihr als herrschender Organträger und der GmbH als beherrschte Organgesellschaft eine so genannte Organschaft bestand und stützte dies darauf, dass sie die GmbH... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 05.02.2010
- L 8 AL 66/08 -
Hartz IV: Überzahltes Arbeitslosengeld muss nicht immer zurückerstattet werden
Behörde muss Verschuldensvorwurf gegenüber Arbeitslosen mittels maßgeblicher Bescheide belegen können
Ein Arbeitsloser muss zu viel bezahltes Arbeitslosengeld dann nicht zurückzahlen, wenn die Behörde nicht durch die Vorlage der maßgeblichen Bescheide den Verschuldensvorwurf gegenüber dem Arbeitslosen belegen kann. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Die Höhe des Arbeitslosengelds ist u.a. davon abhängig, welche Steuerklasse auf der Lohnsteuerkarte für das maßgebliche Jahr eingetragen ist. In dem zugrunde liegenden Streitfall hatte ein arbeitsloser Buchhalter der Arbeitsagentur ordnungsgemäß mitgeteilt, dass auf seiner Lohnsteuerkarte Lohnsteuerklasse I eingetragen ist. Allerdings war in den Datenbeständen der beklagten Arbeitsagentur... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.06.2010
- 1 BvR 1745/06 -
BVerfG: Gerichtliche Untersagung einer Protestaktion gegen Schwangerschaftsabbrüche aufgehoben
Äußerungen verletzen nicht Intim- noch in seiner Privatsphäre und sind vom Recht auf Meinungsäußerung geschützt
Sieht jemand aus religiöser Überzeugung Abtreibungen für verwerflich an, kann ihm nicht verboten werden, vor einer Praxis eines Arztes, der Schwangerschaftsabbrüche vornimmt, Protestaktionen zu veranstalten und Flugblätter zu verteilen, die auf angebliche rechtswidrige Abtreibungen hinweisen. Äußerungen dieser Art sind wahre Tatsachenbehauptungen, die den Arzt weder in seiner besonders geschützten Intim- noch in seiner Privatsphäre treffen, sondern lediglich Vorgänge aus seiner Sozialsphäre benennen. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht.
Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Streitfalls hält aus religiöser Überzeugung Abtreibungen für verwerflich. Er pflegt Protestaktionen gegen Frauenärzte zu veranstalten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, indem er sich in der Nähe der jeweiligen Arztpraxis auf der Straße aufstellt, um durch Plakate und Flugblätter auf seine Haltung zur Abtreibungsfrage aufmerksam... Lesen Sie mehr
Werbung
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 29.06.2010
- C-28/08 P -
EuGH: Umfang des Schutzes personenbezogener Daten beim Zugang zu Dokumenten der Unionsorgane präzisiert
Zustimmung betroffener Personen bei Preisgabe sie betreffender personenbezogener Daten notwendig
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat den Umfang des Schutzes personenbezogener Daten beim Zugang zu Dokumenten der Unionsorgane präzisiert und entschieden, dass für den Fall, dass durch die Einsicht der Dokumente der Schutz der Privatsphäre oder der Integrität der betroffenen Personen durch Preisgabe der sie betreffenden personenbezogenen Daten beeinträchtigt würde, eine Zustimmung zur Veröffentlichung durch die Betroffenen notwendig ist. Sofern die Zustimmung nicht vorliegt, ist die obliegende Pflicht zur Transparenz ausreichend beachtet, wenn die Namen der betroffenen Personen geschwärzt werden.
Die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten sieht vor, dass die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, wenn dessen Verbreitung den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten, beeinträchtigen könnte.Die Verordnung über den Schutz personenbezogener Daten bestimmt, dass... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.06.2010
- KZR 31/08 -
E-Plus muss Nutzung seiner SIM-Karten in GSM-Gateways nicht gestatten
Zusammenschaltung des Mobilfunknetzes mit anderen Telefonnetzen muss an festem Übergabepunkt zu festgesetztem Verbindungsentgelt gewährt werden
Der Mobilfunkbetreiber E-Plus ist nicht verpflichtet, die Nutzung seiner SIM-Karten in so genannten GSM-Gateways zu gestatten. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
Bei GSM-Gateways handelt es sich um Geräte, mit denen Telefonanrufe aus dem Festnetz entgegengenommen und – unter Verwendung einer entsprechenden SIM-Karte – in das Mobilfunknetz des angerufenen Teilnehmers weitergeleitet werden können. Einer Einspeisung des Festnetzanrufs in das Mobilfunknetz an einem festen Übergabepunkt (Interconnection-Punkt) bedarf es dabei nicht.... Lesen Sie mehr
Werbung
Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 07.06.2010
- 3 L 526/10.NW -
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtteilnahme an Aufbauseminar zulässig
Maßgeblich ist Punktestand zum Zeitpunkt der Anordnung einer Seminarteilnahme
Wer im Verkehrszentralregister 14 Punkte hat und einer deshalb erfolgten Aufforderung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht nachkommt, verliert seinen Führerschein. Dies entschied das Verwaltungsgericht Neustadt.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Antragsteller nach Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 26. November 2009 einen Stand von 14 Punkten im Verkehrszentralregister erreicht. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete deshalb im Dezember 2009 seine Teilnahme an einem Aufbauseminar an. Nachdem der Betroffene innerhalb der ihm gesetzten Frist bis zum 12. April 2010 keine Bescheinigung über... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.06.2010
- XI ZR 104/08 -
"Schrottimmobilien": Bei arglistiger Täuschung mittels so genannter Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträge besteht Anspruch auf Schadensersatz
Vertragsgeflecht der Vermittler führt zu drei Mal so hohen Vermittlungsprovisionen wie augenscheinlich ersichtlich
Der Bundesgerichtshof hat Verbrauchern Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit so genannten "Schrottimmobilien" zugesprochen und damit ein Berufungsurteil bestätigt, das im Zusammenhang mit einem so genannten Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag eine arglistige Täuschung der Wohnungskäuferin über die Höhe der Vertriebsprovisionen bejaht hatte.
Von Vermittlern geworben, erwarb die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, eine damals 38 Jahre alte Krankenschwester, im Jahr 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung in Hamburg. Zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 147.511,- DM nahm sie bei der beklagten Bank (Badenia-Bausparkasse) ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 178.000,- DM auf, das durch zwei... Lesen Sie mehr