alle Urteile, veröffentlicht am 11.08.2016
Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 28.01.2016
- S 7 SB 972/12 -
Gefährdung eines geistig erkrankten Kindes aufgrund unkontrollierten Weglaufens rechtfertigt nicht Vergabe des Merkzeichens "aG"
Wunsch nach kurzen Wegen aus Sicherheitsgründen stellt keine Einschränkung der Fortbewegungsfähigkeit im Sinne der maßgeblichen Norm dar
Leidet ein Kind wegen einer schweren geistigen Erkrankung zwar an Gangstörungen, neigt aber zugleich zum unkontrollierten Weglaufen und gefährdet sich somit regelmäßig selbst, so rechtfertigt dies nicht die Vergabe des Merkzeichens "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung). Denn der Wunsch der Erziehungsberechtigten nach möglichst kurzen Wegen - vom Behinderten-Parkplatz etwa zum Arzt - vor allem aus Sicherheitsgründen stellt keine Einschränkung der Fortbewegungsfähigkeit im Sinne der maßgeblichen Norm dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart hervor.
Bei der 2004 geborenen Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens waren zunächst wegen "hirnorganischer Anfallsleiden, Entwicklungsverzögerung" sowie später wegen "frühkindlichem Autismus" ein Grad der Behinderung von 100 sowie zeitweise alle Merkzeichen/Nachteilsausgleiche festgestellt. Im Jahr 2011 wurde von der Behörde im Hinblick auf eine dokumentierte Verbesserung der Fortbewegungsmöglichkeit das Merkzeichen "aG" entzogen. Hiergegen wandten sich die erziehungsberechtigten Eltern. Das unkontrollierte, von einem Bewegungsdrang gekennzeichnete Fortbewegen sei kein echtes Gehen. Je länger eine zurückzulegende Strecke sei, desto größer sei die Gefahr... Lesen Sie mehr
Sozialgericht Gießen, Beschluss vom 25.07.2016
- S 18 SO 93/16 ER -
Nebenberufliche Lehrtätigkeit eines Volkshochschul-Dozenten kann steuerbefreit sein
Privilegierung der Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit im Bereich der Unterrichtung an einer Volkshochschule
Das Sozialgericht Gießen hat entschieden, dass ein Dozent an einer Volkshochschule Ausbilder im Sinne von § 3 Nr. 26 EStG sein kann und seine Einnahmen aus der nebenberuflichen Tätigkeit bis zu einer Höhe von 2.400 Euro steuerfrei sind.
Der 1946 geborene Antragsteller des zugrunde liegenden Verfahrens bezog aufgrund seiner geringen Regelaltersrente in Höhe von 363,96 Euro seit Januar 2012 ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII von dem Antragsgegner. Im Rahmen des Weiterbewilligungsverfahrens erhielt der Antragsgegner, ein Landkreis, Kenntnis davon, dass der Antragsteller durchschnittlich 194,61 Euro... Lesen Sie mehr
Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 28.06.2016
- 2 KO 31/16 -
Recht zur nachträglichen Anfechtung einer Beförderung kann verwirkt werden
Unnötiges Abwarten von vier Jahren führt zur Verwirkung des Rechts auf Anfechtung einer Beförderung
Hat es der Dienstherr in einem Beförderungsverfahren unterlassen, den unterlegenen Mitbewerber über seine Auswahlentscheidung zu informieren und ihm die Gelegenheit einzuräumen, die Entscheidung im Eilverfahren anzufechten, kann der unterlegene Mitbewerber die Beförderung ausnahmsweise auch nachträglich noch gerichtlich überprüfen lassen. Dieses Recht kann jedoch verwirkt werden, wenn der unterlegene Bewerber zu lange abwartet, bis er sich dagegen zur Wehr setzt. Das ist der Fall, wenn er über einen längeren Zeitraum untätig bleibt, obwohl ein Beamter in vergleichbarer Lage vernünftigerweise längst etwas gegen die Beförderung seines Konkurrenten unternommen hätte. Dies geht aus einer Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts hervor.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist beamtete Berufsschullehrerin. Im Jahr 2013 hat sie die bereits im Jahre 2009 vollzogene Beförderung einer Kollegin mit Widerspruch angefochten. Der Dienstherr, das Thüringer Kultusministerium, hatte es entsprechend seiner damaligen Praxis unterlassen, die Klägerin über seine Auswahl zu informieren und ihr eine angemessene Frist einzuräumen,... Lesen Sie mehr
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Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.04.2016
- VI ZR 467/15 -
BGH: Typischer Schadenseintritt im Rahmen einer alltäglichen, unentgeltlichen Gefälligkeit sowie Abdeckung des Schadens durch Versicherung des Geschädigten begründet keine Haftungsbeschränkung
Nachbar haftet für fahrlässig verursachten Wasserschaden
Verursacht ein Nachbar im Rahmen einer Gefälligkeit einen Schaden, so ist seine Haftung nicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Ein typischer Schadenseintritt im Rahmen einer alltäglichen, unentgeltlichen Gefälligkeit unter Nachbarn sowie die Abdeckung des Schadens durch die Haftpflichtversicherung des Geschädigten begründet keine Haftungsbeschränkung. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während eines Kuraufenthalts eines Grundstückseigentümers im Juni 2011 übernahm ein Nachbar unter anderem die Bewässerung des Gartens. Dies erfolgte durch einen an eine Außenzapfstelle des Hauses montierten Wasserschlauch. Der Nachbar drehte nach der Bewässerung lediglich die am Schlauch befindliche Spritze zu. Er stellte aber nicht die Wasserzufuhr... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht München, Urteil vom 14.10.2015
- 7 U 995/15 -
Nichtnutzung einer Genossenschaftswohnung rechtfertigt nicht Beendigung der Mitgliedschaft in der Wohnungsgenossenschaft
Nichtnutzung betrifft Nutzungsverhältnis, nicht Mitgliedschaftsverhältnis
Nutzt ein Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft seine Wohnung nicht mehr, so rechtfertigt dies nicht die Beendigung der Mitgliedschaft. Denn die Nichtnutzung der Genossenschaftswohnung betrifft ausschließlich das Nutzungsverhältnis und nicht das Mitgliedschaftsverhältnis. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft nutzte seine Wohnung seit Mai 2012 nicht mehr. Er war dort nicht mehr gemeldet. Seine aktuelle Adresse war der Genossenschaft nicht bekannt. Sie beschloss daher im März 2014 die Mitgliedschaft zu beenden. Das unbekannt verzogene Mitglied wehrte sich dagegen mit einer Klage. Das Landgericht München... Lesen Sie mehr
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 03.08.2016
- 10 LC 29/15 -
Sparkassenrechtliche Sonderumlage in Millionenhöhe rechtswidrig
Sparkassenverband fehlt es bereits an notwendiger Rechtsgrundlage zur Erhebung einer Sonderumlage von nur einzelnen Mitgliedern
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der niedersächsische Sparkassen- und Giroverband (Sparkassenverband Niedersachsen) von seinen Mitgliedssparkassen keine Sonderumlage in Millionenhöhe für eine mittelbare Unterbeteiligung an der Landesbank Berlin Holding AG (LBBH AG) erheben darf.
Der klagende Sparkassenverband des zugrunde liegenden Verfahrens ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert, dem insbesondere 45 kommunale Sparkassen in Niedersachsen angehören. Dazu zählt auch die beklagte Kreissparkasse Osterholz, welche die Zahlung einer vom Kläger geforderten Sonderumlage verweigert. Mit dem Erwerb einer Unterbeteiligung an der LBBH AG sollte aus Sicht... Lesen Sie mehr