alle Urteile, veröffentlicht am 26.08.2016
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.01.2016
- VI R 14/13 -
BFH: Existenzgefährdung ohne Zivilprozess Voraussetzung für steuerliche Geltendmachung der Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung
Berücksichtigung der Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs
Ein Steuerpflichtiger kann im Rahmen seiner Einkommenssteuererklärung nur dann die Anwaltskosten wegen eines Klageverfahrens gemäß § 33 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) als außergewöhnliche Belastung geltend machen, wenn ohne den Zivilprozess der Verlust der Existenzgrundlage oder die Nichtbefriedung der lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen zu befürchten war. Zudem schließt der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nicht zwingend die steuerliche Geltendmachung der Anwaltskosten aus. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden und damit seine frühere Rechtsprechung geändert (siehe: BFH, Urt. v. 12.05.2011 - VI R 42/10 -).
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2006 stürzte ein Mann vor seiner Wohnung, als er versuchte einen Skateboard-Fahrer zu verfolgen, der kurz zuvor die Haustür des Mannes beschädigt hatte. Durch den Sturz erlitt der Mann lebensgefährliche Verletzungen. Er verklagte daher den Skateboard-Fahrer auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nachdem seine Klage in der ersten Instanz abgewiesen wurde, schloss er im Jahr 2009 in der zweiten Instanz mit dem beklagten Skateboard-Fahrer einen gerichtlichen Vergleich. Danach sollte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 275.000 EUR an den Kläger zahlen. Die entstandenen Anwaltskosten... Lesen Sie mehr
Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 19.04.2016
- S 9 EG 4324/15 -
Kein Anspruch auf Betreuungsgeld bei Besuch einer öffentlich geförderten Einrichtung
Öffentlich geförderte Spielgruppe dient als bedarfsgerechtes Angebot zur Erfüllung des Anspruches auf Betreuungsplätze für unter Dreijährige
Besucht ein Kind eine öffentlich geförderte Einrichtung, besteht kein Anspruch auf Betreuungsgeld. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart hervor.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls bezog für ihren im Jahr 2013 geborenen Sohn Betreuungsgeld. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass ihr Sohn für insgesamt neun Stunden wöchentlich eine Spielgruppe besuche, erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid und lehnte die Weitergewährung des Betreuungsgeldes für die Zukunft ab. Zur Begründung führte die Beklagte an, dass... Lesen Sie mehr
Landgericht Coburg, Urteil vom 24.06.2016
- 32 S 5/16 -
Verkehrssicherungspflicht auf Baustellen
Führen eines großen Fahrzeuges keine Rechtfertigung für Unachtsamkeit
Eine Unübersichtlichkeit durch die Größe oder Länge des geführten Kraftfahrzeuges kann im Falle eines Unfalls nicht als Rechtfertigungsgrund dienen. Der Fahrzeugführer hat erhöhte Sorgfaltspflichten und daher keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen einer behaupteten Verkehrssicherungspflichtverletzung. Dies hat das Landgericht Coburg entschieden und damit die Entscheidung des Amtsgerichts Lichtenfels bestätigt.
Im vorliegenden Fall betreibt die Beklagte zu 1), ein Autohaus, auf ihrem Betriebsgelände eine Autowaschanlage. Die als Beklagte zu 2) in Anspruch genommene Bauunternehmung hatte auf diesem Betriebsgelände Bauarbeiten durchgeführt und hierzu die Baustelle mit Zäunen und Warnbalken abgesperrt. Außerhalb dieser Absperrung befand sich bei der Zufahrt zur Waschstraße eine Europalette mit... Lesen Sie mehr
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Amtsgericht München, Urteil vom 30.09.2015
- 142 C 30130/14 -
Veröffentlichung des Geburtsjahres in einem Online-Lexikon rechtens
Keine erhebliche Beeinträchtigung durch Veröffentlichung im Internet
Persönlichkeitsinteressen müssen regelmäßig hinter der Meinungsfreiheit zurücktreten, wenn die Äußerung wahre Tatsachen betrifft und die Folgen der Äußerung für die Persönlichkeitsentfaltung nicht schwerwiegend sind. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.
Im hier zugrundeliegenden Streitfall ist die Klägerin eine Drehbuchautorin und Regisseurin in München. Ihr Geburtsdatum wurde von einem Online-Lexikon veröffentlicht. Als Einzelnachweis für das Geburtsdatum führt das Online-Lexikon die Dissertation der Regisseurin an, in der das Geburtsdatum genannt wird.Die Regisseurin verlangt von dem Online-Lexikon, dass... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.07.2016
- 1 BvL 8/15 -
BVerfG zur Beschränkung ärztlicher Zwangsbehandlung bei untergebrachten Betreuten
Beschränkung der ärztlichen Zwangsbehandlung mit staatlicher Schutzpflicht nicht vereinbar
Es verstößt gegen die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dass hilfsbedürftige Menschen, die stationär in einer nicht geschlossenen Einrichtung behandelt werden, sich aber nicht mehr aus eigener Kraft fortbewegen können, nach geltender Rechtslage nicht notfalls auch gegen ihren natürlichen Willen ärztlich behandelt werden dürfen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Der Gesetzgeber hat die festgestellte Schutzlücke unverzüglich zu schließen. Mit Rücksicht darauf, dass die geltende Rechtslage auch bei lebensbedrohenden Gesundheitsschäden die Möglichkeit einer Behandlung gänzlich versagt, hat der Senat für stationär behandelte Betreute, die sich einer ärztlichen Zwangsbehandlung räumlich nicht entziehen können, die vorübergehende entsprechende Anwendung des § 1906 Abs. 3 BGB bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung angeordnet.
Im vorliegenden Fall litte die zwischenzeitlich verstorbene Betroffene des Ausgangsverfahrens unter einer schizoaffektiven Psychose. Sie stand deswegen seit Ende April 2014 unter Betreuung. Anfang September 2014 wurde die Betroffene kurzzeitig in eine Pflegeeinrichtung aufgenommen. Dort lehnte sie es ab, die zur Behandlung einer Autoimmunerkrankung verordneten Medikamente einzunehmen,... Lesen Sie mehr
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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2016
- 5 AZR 703/15 -
BAG zu Ausschlussfristen und Mindestentgelt
Verstoß gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG
Eine vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG*. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung bekannt gegeben.
Im vorliegenden Fall war die Klägerin vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals einen ambulanten Pflegedienst betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt als Allgemeine Geschäftsbedingung eine Verfallklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen,... Lesen Sie mehr