alle Urteile, veröffentlicht am 15.02.2013
Verwaltungsgericht Schleswig, Beschluss vom 14.02.2013
- 8 B 60/12 und 8 B 61/12 -
Pseudonym statt Klarname: Facebook muss gesperrte Nutzer-Konten nicht wieder freigeben
Datenschutzzentrum stützt sich bei Anordnung zur Entsperrung und Androhung von Zwangsgeld zu Unrecht auf deutsches Datenschutzrecht
Facebook USA und die europäische Niederlassung Facebook Irland sind nicht verpflichtet, Nutzerkonten, die wegen der Verwendung von Pseudonymen statt Klarnamen von Facebook gesperrt wurde, wieder freizugeben. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht und erklärte die auf das Bundesdatenschutzgesetz und das Telemediengesetz gestützten Bescheide zur Entsperrung der Nutzerkonten für rechtswidrig, da sich das Datenschutzzentrum bei der Anordnung zur Entsperrung und der Androhung von Zwangsgeld bei Zuwiderhandlungen zu Unrecht auf deutsches Datenschutzrecht gestützt hat.
Im zugrunde liegenden Fall begehrte Facebook USA und die europäische Niederlassung Facebook Irland die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche gegen zwei Bescheide des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein. Facebook verlangt von seinen Nutzern, dass sie bei ihrer Registrierung ihre wahren Daten (Vorname, Nachname, E-Mail-Adresse, Geschlecht und Geburtsdatum) angeben. Bei Benutzern, welche ein Konto erhalten hatten und bei der Registrierung nicht ihre korrekten Namen angegeben haben, sperrt Facebook deren Konten und macht die Entsperrung von der Vorlage der Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises zur Identifizierung abhängig.... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 06.06.2002
- 1 Ss 13/02 -
Sexuelle Belästigung einer Frau auf offener Straße stellt strafbare Beleidigung dar
Strafbarkeit wegen sexueller Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) setzt Gewaltanwendung zur Willensbeugung voraus
Versucht ein Mann auf offener Straße eine Frau am Geschlechtsteil anzufassen, so stellt dies eine Beleidigung (§ 185 StGB) dar. Eine Strafbarkeit wegen sexueller Nötigung kommt nur in Betracht, wenn der Täter Gewalt zur Überwindung eines entgegenstehenden Willens einsetzt. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Mann trat im August 1999 am frühen Morgen einer 24-jährigen Frau entgegen und wollte sie umarmen. Zudem versuchte er ihr in den Schritt zu fassen. Dies gelang ihm aber nicht, da die Frau zurückwich. Aufgrund des Vorfalls wurden von einer früheren Vergewaltigung herrührende psychische Störungen wieder ausgelöst. Zudem traten Schlaflosigkeit,... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23.01.2013
- 2 BvR 1645/10, 2 BvR 1676/10 und 2 BvR 1677/10 -
Verfassungsbeschwerden gegen das Waffengesetz erfolglos
Einschlägige Vorschriften des Waffengesetzes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
Das Bundesverfassungsgericht hat drei Verfassungsbeschwerden gegen das geltende Waffengesetz, mit denen die Beschwerdeführer eine Verletzung staatlicher Schutzpflichten rügen, nicht zur Entscheidung angenommen. Das Gesetz verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihren Grundrechten. Dem Gesetzgeber kommt bei der Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Pflicht, das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bürger zu schützen, ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Seine Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind, kann nur begrenzt nachgeprüft werden. Ein grundrechtlicher Anspruch der Beschwerdeführer auf weitergehende Maßnahmen würde die - vorliegend nicht zu treffende - Feststellung voraussetzen, dass die geltenden Regelungen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich wären.
Im zugrunde liegenden Fall wandten sich die Beschwerdeführer mit ihren Verfassungsbeschwerden - vor dem Hintergrund des Amoklaufs eines ehemaligen Schülers in Winnenden - gegen das geltende Waffengesetz. Sie rügen eine Verletzung ihres Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) dadurch, dass das Waffengesetz tödliche Schusswaffen für den Schießsport... Lesen Sie mehr
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 14.02.2013
- 8 LB 165/12 -
Erlass eines Feuerstättenbescheides nur bei Feuerstättenschau oder auf Grundlage der Daten des Kehrbuchs zulässig
Tatsachengrundlagen für Festsetzungen im Feuerstättenbescheid vom Gesetzgeber im Schornsteinfegerhandwerksgesetz konkret bestimmt
Ein Feuerstättenbescheid darf nur bei einer Feuerstättenschau oder auf der Grundlage der Daten des vom Bezirksschornsteinfegermeister geführten Kehrbuchs ergehen. Dies entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht.
Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, in dem sich seit 2003 auch ein an einen Schornstein angeschlossener Kaminofen befindet. Dieser Schornstein ist bis zum Jahre 2009 einmal jährlich vom Bezirksschornsteinfegermeister gekehrt worden. Nachdem im Jahr 2008 eine Feuerstättenschau und im April 2010 die jährliche Kehrung... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 23.02.2012
- 9 U 97/11 -
Verbotenes Kraftfahrzeugrennen im öffentlichen Straßenverkehr: Haftungsausschluss wegen bewusster Selbstgefährdung gilt nicht bei illegalen Straßenrennen
Teilnahme an illegalen Straßenrennen begründet erhebliches Mitverschulden
Kommt es im Rahmen eines illegalen Straßenrennens zu einem Verkehrsunfall, so führt der Umstand, dass eine bewusste Selbstgefährdung des Geschädigten vorliegt, nicht zu einem Haftungsausschluss des Schädigers. Zudem begründet die Teilnahme an einem solchen Rennen ein erhebliches Mitverschulden. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2007 wurde auf einer autobahnähnlichen Bundesstraße ein illegales Straßenrennen durchgeführt. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug 120 km/h. Der Fahrer eines VW Golf befuhr die linke Fahrbahn während der Fahrer eines Porsche Carrera die rechte Fahrbahn befuhr. Der Porschefahrer näherte sich im Laufe des Rennens einem vor ihm... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 15.01.2013
- 4 U 874/12 -
Marderbefall im Dach: Hausverkäufer kann bei Verschweigen des genauen Umfangs eines Mangels wegen Arglist auf Schadensersatz haften
Verschweigen möglicher Schäden führt zur Haftung des Verkäufers und verdräng damit auch Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag
Wer bei dem Verkauf eines Hauses den Umfang eines bestehenden Mangels nicht vollständig und korrekt beschreibt, kann trotz eines Gewährleistungsausschlusses wegen Arglist auf Schadensersatz haften. Wenn der Verkäufer nach gravierenden Schäden durch Marderfraß sein Dach nur teilsaniert und fortbestehende Schäden in anderen Bereichen des Daches für möglich hält, muss er dies dem Käufer gegenüber offenbaren. Sonst kann dieser die Sanierungskosten vom Verkäufer ersetzt verlangen. Dies entschied das Oberlandesgericht.
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Kläger im August 2009 von den Beklagten im Landkreis Neuwied ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück erworben. Im Kaufvertrag wurde die Gewährleistung ausgeschlossen. Die Beklagten erklärten, ihnen seien keine versteckten Mängel bekannt. Einige Monate später stellte der Kläger fest, dass im Bereich der Speicherdecke die vorhandene Dämmung... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 30.06.2011
- 5 U 196/11 -
Mit Unebenheiten im Boden und angreifenden Schwänen muss auf einer Uferpromenade gerechnet werden
Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Gemeinde
Mit Vertiefungen auf einer Uferpromenade muss gerechnet werden. Kommt es dennoch zu einem Sturz, so haftet die Gemeinde nicht wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2008 stürzte gegen 21 Uhr ein Jogger auf einer Uferpromenade aufgrund einer Vertiefung in der Asphaltdecke. Dabei zog er sich eine Handverletzung zu. Der Jogger behauptete, zu dem Sturz sei es gekommen, weil er einem attackierenden Schwan ausweichen wollte. Er verlangte daher Schadenersatz von der Gemeinde. Das Landgericht Trier... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss vom 08.02.2013
- 8 L 1734/12.GI -
Rückwirkende Einführung gesplitteter Abwassergebühr rechtswidrig
Gebührenumstellung darf nicht zu Mehreinnahmen führen
Das Verwaltungsgericht Gießen hat die Rückwirkende Einführung von gesplitteten Abwassergebühren der Gemeinde Reiskirchen für rechtswidrig erklärt. Das Gericht wies darauf hin, dass das Kommunalabgabengesetz die rückwirkende Ersetzung einer unwirksamen Gebührensatzung zwar erlaube, diese Möglichkeit aus verfassungsrechtlichen Gründen jedoch dann eingeschränkt sei, wenn die rückwirkende Festsetzung für die betroffenen Gebührenzahler nicht zu erwarten war und diese Umstellung eine unzumutbare Belastung darstellt.
Im zugrunde liegenden Fall setzte die Gemeinde Reiskirchen im Rahmen der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr eine Niederschlagswassergebühr fest. Die Veranlagung beruhte auf einer Satzungsänderung, die die Gemeinde im Februar 2012 vorgenommen hatte, nachdem sowohl das Verwaltungsgericht Gießen als auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof 2009 den alten Gebührenmaßstab für unwirksam... Lesen Sie mehr
Finanzgericht Münster, Urteil vom 19.12.2012
- 11 K 1785/00 F -
FG Münster zur Gewährung der Entfernungspauschale bei so genannten Dreiecksfahrten
Betriebsausgaben für Strecken zwischen Wohnung und Betrieb auf Entfernungspauschale begrenzt
Das Finanzgericht Münster hat zur Höhe des Betriebsausgabenabzugs für so genannte Dreiecksfahrten (Wohnung-Mandant-Büro-Wohnung oder Wohnung-Büro-Mandant-Wohnung) eines Steuerberaters Stellung genommen und entschieden, dass dem Steuerberater für die Einzelteilstrecken die ganze Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer zu gewähren ist. Gleichzeitig versagte das Gericht aber den vollen Betriebsausgabenabzug, da die Betriebsausgaben für Strecken zwischen Wohnung und Betrieb auf die Entfernungspauschale begrenzt sind.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist selbstständiger Steuerberater. Die Privatnutzungsanteile für seine betrieblichen PKW ermittelte er nach der Fahrtenbuchmethode. Mit dem Finanzamt stritt der Steuerberater über die Höhe des Betriebsausgabenabzugs für so genannte Dreiecksfahrten. Dabei handelt es sich um Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb, bei denen eine Einzelfahrt... Lesen Sie mehr