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alle Urteile, veröffentlicht am 10.07.2024

Landgericht München I, Beschluss vom 12.09.2023
- 14 T 9699/23 -

Anspruch einer sehbehinderten Beklagten auf Zurverfügungstellen der Schriftsätze als Audio-Datei

Auf Erforderlichkeit wegen Schwierigkeit des Rechtsstreits kommt es nicht an

Ist die Partei eines Rechtsstreits sehbehindert, besteht nach § 191 a GVG in Verbindung mit § 4 ZMV ein Anspruch auf Zurverfügungstellen der Schriftsätze als Audio-Datei. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies wegen der Schwierigkeit des Rechtsstreits erforderlich ist. Dies hat das Landgericht München I entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen eines Mietsrechtstreites vor dem Amtsgericht München im Jahr 2023 verlangte die sehbehinderte beklagte Mieterin, dass ihr die Schriftsätze als Audio-Datei zur Verfügung gestellt werden sollen. In dem Prozess ging es um die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung und einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs wegen angeblicher Mietmängel. Das Amtsgericht lehnte die Forderung der Beklagten ab. Es verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, wonach sich der Anspruch auf barrierefreien Zugang der Schriftsätze nach der Erforderlichkeit richte (BVerfG, Beschl.... Lesen Sie mehr

Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.05.2024
- III R 14/22 -

Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide nach Außenprüfung

Formelle Mängel können Steuerbescheide ändern lassen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Art und Weise, in der ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmen­überschuss­rechnung ermittelt, seine Aufzeichnungen geführt hat, eine Tatsache ist, die –wird sie dem Finanzamt (FA) nachträglich bekannt– zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommen­steuer­bescheids führen kann.

Der Kläger war als Einzelhändler tätig und ermittelte seinen Gewinn im Wege der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Das FA veranlagte ihn zunächst erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Eine spätere Außenprüfung beanstandete die Aufzeichnungen des Klägers als formell mangelhaft und führte zu einer Hinzuschätzung. Das FA änderte daraufhin die bestandskräftigen... Lesen Sie mehr

Landgericht Berlin II, Urteil vom 13.02.2024
- 67 S 186/23 -

Unwirksamkeit einer Reinigungsklausel bei Rückgabe der Wohnung

Geschuldet ist besenreine Rückgabe im Sinne einer üblichen Reinigung

Eine Klausel, wonach die Wohnung "in gereinigtem Zustand (dazu gehören gereinigte Fenster und Türen, gewischte Böden sowie entkalkte Armaturen, etc.)" zurückzugeben ist, ist wegen mangelnder Transparenz und unangemessener Benachteiligung der Mieter unwirksam. Geschuldet ist insofern nur die besenreine Rückgabe im Sinne einer üblichen Reinigung. Dies hat das Landgericht Berlin II entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach dem Ende eines Mietverhältnisses über eine Wohnung in Berlin im April 2017 stritten sich die vormaligen Mietvertragsparteien unter anderem über die Vornahme von Reinigungsarbeiten. Nach einer Klausel im Mietvertrag sollte die Wohnung "in gereinigtem Zustand (dazu gehören gereinigte Fenster und Türen, gewischte Böden sowie entkalkte... Lesen Sie mehr

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Oberverwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 05.06.2024
- 3 A 10684/23.OVG -

Lehrerin wegen Verstoßes gegen die Verfassungs­treue­pflicht aus dem Dienst entfernt

Schwerwiegende Verletzung der Verfassungs­treue­pflicht begründet Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

Eine Lehrerin, die mit Redebeiträgen während mehrerer Demonstrationen und einem Auftritt in den sozialen Medien gegen die einem jeden (aktiven) Beamten obliegende Pflicht, sich durch das gesamte Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen, verstoßen hat, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies entschied das Obe­rverwaltungs­gericht Koblenz und bestätigte damit die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier, das diese Disziplinarmaßnahme gegen die Beamtin bereits in erster Instanz ausgesprochen hatte.

Mit ihrer gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil eingelegten Berufung machte die Beamtin unter anderem geltend, die auf ihre Dienstentfernung gerichtete Disziplinarklage des Landes Rheinland-Pfalz sei insgesamt abzuweisen, da schon kein Dienstvergehen vorliege. Die Abwägungsentscheidung zwischen ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz... Lesen Sie mehr

Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.07.2024
- XI ZR 44/23 und XI ZR 40/23 -

BGH legt Zinssatz zur Nachberechnung beim Prämiensparen fest - Sparkassen müssen Zinsen nachzahlen

Maßstab zur Zinsanpassung ist rechtens

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen im Rahmen von zwei Muster­feststellungs­klagen über die Revisionen von Verbraucher­schutz­verbänden gegen die Muster­feststellungs­urteile der Oberlandesgerichte Dresden und Naumburg über den Referenzzins für Zinsanpassungen in Prämien­spar­verträgen entschieden.

Die Musterkläger in beiden Verfahren sind seit über vier Jahren als qualifizierte Einrichtungen in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragene Verbraucherschutzverbände. Die beklagten Sparkassen schlossen in den Jahren 1993 bis 2006 bzw. in der Zeit vor Juli 2010 mit Verbrauchern sogenannte Prämiensparverträge ab, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine... Lesen Sie mehr