alle Urteile, veröffentlicht am 28.07.2016
Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.04.2016
- X R 2/15 -
BFH erklärt Alterseinkünftegesetz für verfassungsgemäß
Einwendungen gegen Richtigkeit eines BVerfG-Urteils können nicht zur erneuten verfassungsgerichtliche Prüfung eines Gesetzes führen
Der Bundesfinanzhof hält an seiner Rechtsprechung fest, dass die Besteuerung der Altersrenten seit 2005 verfassungsgemäß ist, sofern nicht gegen das Verbot der doppelten Besteuerung verstoßen wird. Zudem entschied der Bundesfinanzhof, dass mit dem Vorbringen gegen die Richtigkeit eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts keine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung eines Gesetzes erreicht werden kann.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens und seine 2014 verstorbene Ehefrau bezogen im Streitjahr 2009 Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Den steuerfreien Teil der Altersrenten ermittelte das Finanzamt gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 3 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG).Im finanzgerichtlichen Verfahren machte der Kläger geltend, dass die Besteuerung der Sozialversicherungsrenten verfassungswidrig sei. Das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 6. März 2002 (Az. 2 BvL 17/99) zur Verfassungswidrigkeit der früheren Rentenbesteuerung beruhe teilweise auf falschen Daten. Deshalb... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Stuttgart, sonstiges vom 27.07.2016
- 13 U 138/15 -
Mutter des Amokläufers von Winnenden haftet nicht wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht
Anhaltspunkte für eine erhöhte Aufsichtspflicht über das zum Tatzeitpunkt fast volljährige Kind nicht ersichtlich
Die Mutter von Tim K., der am 11. März 2009 in Winnenden und Wendlingen 15 andere Menschen und sich selbst getötet hat, haftet nicht wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Der klagende Sozialversicherungsträger hat seine Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 7. August 2015 zurückgenommen.
Zuvor hatte das Oberlandesgericht Stuttgart darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen. Zum einen sei nach der rechtsfehlerfreien Beweisaufnahme des Landgerichts davon auszugehen, dass die beklagte Mutter vor dem 11. März 2009 keine Kenntnis von einer im Schlafzimmerschrank ihres Mannes versteckten... Lesen Sie mehr
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Vergleich vom 27.07.2016
- 7 Sa 120/16 -
200 Kilo Körpergewicht: Kündigung wegen Adipositas zulässig?
Parteien einigen sich durch Vergleich
Ein 200 Kilogramm schwerer Arbeitnehmer und sein Arbeitgeber haben sich hinsichtlich einer Kündigung wegen des Übergewichts des Arbeitnehmers vor dem Landesarbeitsgericht durch Vergleich geeinigt. Die Parteien erklärten sowohl die Kündigung als auch den vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruch für erledigt. Der Kläger sagte darüber hinaus zu, weiterhin an seiner eingeleiteten Gewichtsreduzierung zu arbeiten.
Die Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens, die in den Bereichen Landschafts-, Kanal- und Tiefbau, Pflanz- und Pflasterarbeiten sowie Grünflächenpflege tätig ist und mehr als zehn Arbeitnehmer hat, stellte den Kläger im Jahr 1985 ein. Er ist 1,94 m groß und wiegt ca. 200 kg. Im Hinblick auf die Einsatzfähigkeit des Klägers regte die Beklagte eine Gewichtsreduktion an, weshalb der... Lesen Sie mehr
Werbung
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.08.2015
- 1 StR 328/15 -
BGH: Pflicht zum Herbeirufen eines Notarztes trotz bewusster Selbstgefährdung infolge Drogenkonsums
Unterlassene Hilfe kann Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen begründen
Wer eine Flasche mit Gammabutyrolacton (GBL) in der Wohnung frei zugänglich stehen lässt, muss dafür einstehen, dass niemand durch den Konsum der Droge stirbt. Unterlässt er es daher einen Notarzt herbeizurufen und stirbt dadurch eine Person an den Konsum von GBL, macht er sich wegen Totschlags durch Unterlassen gemäß §§ 212, 13 StGB strafbar. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass der Konsument von GBL sich bewusst selbstgefährdet. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem mehrere Personen im Laufe des Nachmittags bereits Alkohol und verschiedene Drogen zu sich genommen hatten, begab sich die Gruppe in die Wohnung des späteren Angeklagten. Dort erfolgte ein weiterer Konsum von unter anderem Alkohol, Amphetaminen und Cannabis. Den durch den Angeklagten angebotenen Konsum von GBL lehnten die meisten Personen... Lesen Sie mehr
Landgericht Berlin, Beschluss vom 12.05.2016
- 67 S 110/16 -
Gewaltsamer Racheakt eines Mieters gegen Nachbarn rechtfertigt fristlose Kündigung des Mieters
Vorherige Abmahnung nicht erforderlich
Rächt sich ein Wohnungsmieter gewaltsam gegen seinen Nachbarn, weil dieser in einem Räumungsprozess gegen einen anderen Mieter zu Gunsten des Vermieters aussagte, so rechtfertigt dies die fristlose Kündigung des Mieters gemäß § 569 Abs. 2 BGB. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es gemäß § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Berlin hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall sagten die Mieter einer Wohnung im Rahmen eines Räumungsprozesses gegen einen Nachbarn zu Gunsten des Vermieters aus. Dieser war darüber so erbost, dass er zusammen mit einer weiteren Mieterin im Juli 2015 die Wohnungstür der Mieter einschlug. Der Vermieter nahm dies zum Anlass die Mieterin fristlos zu kündigen. Da diese die Kündigung nicht akzeptierte,... Lesen Sie mehr
Werbung
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.07.2016
- 2 AZR 746/14 (A) -
BAG erbittet Vorabentscheidung des EuGH zur Zulässigkeit der Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung
Darf der Chefarzt eines katholischen Krankenhausträger allein wegen einer zweiten Eheschließung gekündigt werden?
Im Streit um die Wirksamkeit der Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen seiner Wiederverheiratung hat sich das Bundesarbeitsgericht dazu entschieden, den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung zu bitten. Dem Bundesarbeitsgericht geht es dabei vor allem um Fragen der Gleich- bzw. Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören.
Die Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls ist Trägerin mehrerer Krankenhäuser und institutionell mit der römischkatholischen Kirche verbunden. Der katholische Kläger war bei ihr seit dem Jahr 2000 als Chefarzt beschäftigt. Den Dienstvertrag schlossen die Parteien unter Zugrundelegung der vom Erzbischof von Köln erlassenen Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.07.2016
- IX ZR 252/15 -
BGH zur Haftung eines Anwalts für Vermögensschäden, die der Vertreter des Mandanten erleidet
Schadensersatzklage des ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus gegen die vom Land Baden-Württemberg beauftragte Anwaltskanzlei erfolglos
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Dritter in den Schutzbereich eines Anwaltsvertrags einbezogen worden ist.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens war von Februar 2010 bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg. Das Land Baden-Württemberg beauftragte die beklagte Anwaltskanzlei Ende November 2010 mit der anwaltlichen Beratung im Zusammenhang mit dem geplanten Erwerb der Aktien der börsennotierten Energie Baden-Württemberg AG von der Electricité de France S.A.... Lesen Sie mehr